Satzungsleistungen

Ökotest: Homöopathie ist „Standard”

, Uhr aktualisiert am 02.03.2015 12:31 Uhr
Berlin -

Seit 2012 dürfen Krankenkassen OTC-Arzneimittel und andere nicht vom Leitstungskatalog gedeckte Angebote erstatten; aktuell übernehmen etwa 60 Prozent im Rahmen von Satzungsleistungen bestimmte Kosten. Laut einer Umfrage von Ökotest zahlen nur wenige Kassen etwa für anthroposophische Behandlungen, Akupunktur-, Eigenblut oder phytotherapeutische Behandlung sowie für Klimatherapien. Bessere Chancen haben Versicherte bei Ernährungsberatungen und homöophatischen Arzneimitteln und Behandlungen.

Ökotest hatte bei 92 Kassen angefragt, 59 antworteten, 33 gaben keine Auskunft, darunter etwa alle elf AOKen. Abgefragt wurden insgesamt 14 Leistungsbereiche, darunter Akupunktur, Eigenblut, anthroposophische Arzneimittel, Ernährungsberatung, homöopathische Arzneimittel, Klimatherapie, Neurodermitis-Overalls sowie Phytopharmaka und Phytotherapie für Allergiker/Neurodermitiker.

Die Übernahme von Pflegecremes bei allergischer Haut/Neurodermitis verweigern alle Kassen. Zunächst hatte laut Ökotest jede dritte Kasse angegeben, Cremes für Neurodermitiker zu übernehmen – tatsächlich dürften sie dafür nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) nicht zahlen, so Ökotest.

Jede fünfte Kasse gab an, nicht für die spezielle Immuntherapie zu zahlen, obwohl sie seit Jahren dazu verpflichtet sind. Laut Ökotest war der Begriff der speziellen Immuntherapie teilweise nicht bekannt. Die Methode sei noch unter dem veralteten Begriff „Hyposensibilisierung“ gelaufen. „Wer Pech hat, bekommt von der Kasse einen ablehnenden Bescheid, nur weil der Mitarbeiter nichts mit der neueren Bezeichnung anfangen kann“, so die Zeitschrift. Auf wiederholte Nachfrage gaben alle 59 Kassen an, die Spezifische Immuntherapie (SIT) komplett zu übernehmen.

Der Auswertung zufolge bieten insgesamt 46 Krankenkassen bei homöopathischen Behandlungen von Allergien eine „hohe Leistung“, darunter die Barmer GEK, verschiedene BKK und IKK sowie die TK. Deshalb könne eine umfassende Homöopathie-Therapie schon als „Standard“ für Kassenpatienten gelten.

Viele Kassen hätten mittlerweile etwa mit dem Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte einen Vertrag geschlossen. Nach kostenfreier und formloser Einschreibung in einen solchen Vertrag können sich Patienten bei teilnehmenden Ärzten behandeln lassen. Vier Kassen beteiligten sich an entsprechenden Therapien mit bis zu 150 Euro und neun Kassen übernahmen solche Leistungen gar nicht, darunter die DAK Gesundheit, die Knappschaft und die KKH.

29 Kassen übernehmen die Kosten für homöopathische Arzneimittel komplett. Die IKK Classic und die Novitas BKK zahlen bis zu 50 Euro dazu, die mhplus BKK bis zu 60 Euro – eine „mittlere Leistung“ laut Ökotest. 26 Kassen übernehmen keine Kosten. Die Barmer GEK wird hier als unklar gewertet: Eigenen Angaben zufolge zahlt sie bei schwerwiegender Krankheit durch eine Allergie auf Basis einer Arzneimittelliste der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland (GAÄD). Diese Angabe könne jedoch nicht überprüft werden.

Pflanzliche Arzneimittel übernehmen 27 Kassen komplett, zwei Kassen zahlen 50 beziehungsweise 60 Euro dazu und 29 Kassen leisten keine Zuzahlung. Auch hier gilt die Leistung der Barmer GEK als „unklar“. Phytotherapeutische Behandlungen bei Allergien übernehmen sechs Kassen komplett, darunter die BKK Gildemeister Seidensticker, die BKK Schleswig-Holstein, die Bergische Krankenkasse, die HEK - Hanseatische Krankenkasse, die IKK Brandenburg und Berlin und die IKK Südwest. 53 Kassen zahlen nichts.
Auf anthroposophische Arzneimittel bei Allergien lassen sich Krankenkassen offenbar weniger ein: Keine einzige zahlt diese unbeschränkt. Entsprechende Medikamente sind in der Regel sehr teuer: Der Preis für eine wöchentliche anthroposophische Medikation liege bei zehn bis 100 Euro. Ökotest geht von einem Mittelwert von 880 Euro für eine 16-wöchige anthroposophische Medikation aus. Nur zwei Kassen bieten eine „mittlere Leistung“, darunter die BKK Provita mit 400 Euro Zuzahlung und die Bergische Krankenkasse mit 300 Euro. 28 Kassen bieten mit bis zu 200 Euro eine „niedrige Leistung“. Weitere 28 Kassen zahlen nichts dafür.

Bei Ernährungsberatung bei Allergien sind die Kassen kulanter: 50 Kassen erbringen eine „hohe Leistung“: 41 davon übernehmen entsprechende Kosten unbegrenzt, die anderen leisten mit Zuzahlungen zwischen 168 und 225 Euro. Acht Kassen erbringen eine „mittlere Leistung“ mit Zuzahlungen zwischen 127 und 165 Euro und eine Kasse zahlt immerhin bis zu 60 Euro dazu.
Klimatherapien für Allergiker unterstützen lediglich die BKK Akzo Nobel mit 150,00 Euro und die BKK Schleswig-Holstein mit 200,00 Euro – eine „niedrige Leistung“ laut Ökotest. 57 Kassen zahlen nichts dazu. Neurodermitis-Overalls übernehmen 22 Kassen komplett. Die Barmer GEK übernimmt die Kosten ebenfalls komplett, aber nur für Kleinkinder, die BKK Melitta Plus zahlt die Kosten für Babys und Kleinkinder. Zwei Kassen zahlen bis zu 200 Euro; 26 Kassen zahlen zwischen 30 und 100 Euro dazu und sieben Kassen leisten keine Zuzahlung für entsprechende Therapien.

Für Akupunktur erbringen nur drei Kassen laut Ökotest „mittlere Leistungen“: Die BKK Akzo Nobel sowie die IKK Brandenburg und Berlin zahlen jeweils 150,00 Euro und die BKK Schleswig-Holstein 200,00 Euro. Die BKK Herkules und die BKK Werra-Meissner erbringen mit jeweils 100,00 und 60 Euro eine „niedrige Leistung“. Die restlichen 53 Kassen leisten keine Zuzahlung für entsprechende Behandlungen.
Für die Eigenblutbehandlung bei Allergien zahlen zwei Kassen – die BKK Schleswig-Holstein und die Bergische Krankenkasse – komplett; weitere drei Kassen – BKK Akzo Nobel, IKK Brandenburg und Berlin und IKK Südwest – bis zu 150 Euro, eine „hohe Leistung“, urteilt Ökotest. Alle anderen 54 Kassen zahlen nichts.
Bei Zwischenbezügen für Matratze, Laken und Kissen für Allergien gegen Hausstaub übernehmen Ökotest zufolge 27 Kassen „hohe Leistungen“: Sie zahlen diese komplett. Encasings kosten zwischen 27 und 230 Euro. Zwei Kassen bieten mit bis zu 159 Euro Zuzahlung „mittlere Leistungen“. 28 Kassen zahlen bis zu 65 Euro dazu und bieten damit eine „niedrige Leistung“.

Laut dem Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) gibt es bei den meisten Kassen Budgetgrenzen, bis zu der die Kosten übernommen werden. Manche Krankenkassen erstatten nur anteilig die Kosten für die besonderen Therapierichtungen wie pflanzliche, homöopathische oder anthroposophische Arzneimittel. Andere Kassen erstatten wiederum alle OTC-Arzneimittel, allerdings nur in der Altersgruppe der 12- bis 18-Jährigen.

Laut dem Deutschen Gesundheitsmonitor des BAH weiß mehr als die Hälfte der Versicherten nichts darüber; nur etwa jeder Vierte wüsste, dass seine Krankenkasse entsprechende Leistungen anbietet.

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