Landapotheker mit 33

Schwarzwälder zeigt Flagge für Vor-Ort-Apotheke

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Berlin -

Mit 33 hat sich Bernhard Lobmeier in St. Georgen selbstständig gemacht. Um den Kauf der Apotheke zu stemmen, muss er Abstriche machen. Doch die Vor-Ort-Apotheke sei auch in ländlichen Gebieten kein Auslaufmodell.

Über den Schulunterricht fand Lobmeier zum Traumberuf: „Die Chemie war eine große Leidenschaft von mir, und ich habe gemerkt, dass ich gut zuhören und mit Menschen umgehen kann“, sagt er. Ideale Voraussetzungen also für den Apotheker. „Doch mit dem Studium in Freiburg hatte ich schon zu kämpfen, ab und zu habe ich gezweifelt, ob das wirklich das Richtige ist.“ Mit dem glücklich bestandenen Examen in der Tasche hätte er in die große weite Welt ziehen können. Doch lieber kehrte er vor sechs Jahren in die Heimat St. Georgen zurück. „Mit 13.500 Einwohnern sind wir ein großer kleiner Ort. Ich finde es schön, dass man hier seine Ruhe haben und auch mal in den Schwarzwald laufen kann.“

Als angestellter Apotheker kam er in die Rathaus-Apotheke von Renate Schilson. „Es war von Vornherein klar, dass ich die Apotheke einmal übernehme.“ Vor einem Jahr begannen die konkreten Vorarbeiten. „Da gab es viele Behördengänge zu leisten, und auch die Finanzierung musste gestemmt werden.“ Ein großer Umbau sei erst einmal nicht geplant. „Die Apotheke ist ausreichend ausgestattet und hat einen barrierefreien Eingangsbereich, und auch die EDV-Ausstattung mit ihren Datenbanken ist auf einem guten Stand“, sagt Lobmeier.

„Auf lange Sicht wäre es ganz schön, hier noch etwas umzugestalten. Aber so eine Apotheke kriegt man nicht für einen Appel und Ei, und ich habe zwei kleine Kinder im Alter von zwei und vier Jahren. Erst einmal will ich die Kosten im Zaun halten.“ Gleiches gilt für die Personalausstattung: „In meinem Team gibt es zwei Teilzeitapotheker, die Notdienste mache ich allein“, so Lobmeier. „Wenn die wirtschaftliche Lage es zulässt, werde ich mehr Approbierte einstellen. Das wird aber schwierig, wegen des Fachkräftemangels auf dem Land.“

Gerade in kleineren Städten sei die Nähe zu einem Arzt unabdingbar, um wirtschaftlich arbeiten zu können: „Wer hier keine Praxis in der Nähe hat, kann keine Apotheke betreiben“, so Lobmeier. „Um die Versorgung der Bevölkerung zu sichern, ist es daher wichtig, dass sich die Ärzte frühzeitig um eine Nachfolge kümmern.“ Gerade erst sei in seiner Umgebung ein Kinderarzt weggefallen. „Zu meinen Kunden zählen viele junge Mütter mit Kinder. In den Praxen der Nachbarorte werden sie nicht mehr angenommen, weil es keine freien Kapazitäten gibt.“ Die nächste erreichbare Kinderarzt sei mindestens 15 Kilometer entfernt, entweder in Villingen oder Pforzheim.

Wenn eine Apotheke schließen müsse, werde die Lage kritisch, so wie jüngst im Nachbarort Schönwald. „Damit geht eine ganze Infrastruktur verloren“, hat Lobmeier erfahren. „Gerade im Notdienst ist es gut, wenn man nur fünf statt 25 Kilometer fahren muss.“ Viele Außenbezirke lägen weit ab vom Schuss. „Ältere Leute, die auf ihren Höfen im Wald leben, sind froh, wenn sie nicht zwei, drei Tage auf ihre Medizin warten müssen.“ Lobmeier bekam die Auswirkung der Schließung an Neujahr selbst zu spüren: „Wir hatten über 65 Kunden in der Apotheke.“

Bei aller Einbindung in seinen eigenen Betrieb findet der Schwarzwälder noch Zeit für ein berufspolitisches Engagement. So sitzt er in der Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer und gehört seit einem Jahr dem Arbeitskreis Sucht und Suchtprävention an. Noch als angestellter Apotheker hatte Lobmeier an einem Pilotprojekt zur Bekämpfung der Abhängigkeit von Benzodiazepinen teilgenommen. Es war von Dr. Ernst Pallenbach initiiert und von der ABDA und dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gefördert worden. Apotheken könnten aktiv beim Entzug helfen, zeigten Pallenbachs Ergebnisse.

Lobmeier kann dies nur bestätigen, auch nach Ablauf des Pilotprojekts engagiert sich die Rathaus-Apotheke für den ambulanten Schlafmittelentzug. „Das macht mir viel Spaß, hier kann ich meine ganze Kompetenz als Apotheker zeigen“, bekennt der Apotheker. „Aktuell betreue ich zwei Personen, insgesamt sind es im Laufe der Jahre um die 20 gewesen.“

Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt erstellt er für jeden Patienten einen individuellen Abdosierungsplan. Schritt für Schritt wird die Ration des Mittels verringert. „Das erfordert viel Betreuung und Beratung. Der Patient braucht ein offenes Ohr. Bei jeder Etappe wird mit ihm geklärt, wie es gelaufen ist, um den nächsten Schritt zu planen.“ Wirtschaftlich tue man sich mit dieser intensiven Arbeit sicher keinen Gefallen. „Wer abdosiert ist, braucht keine Betreuung und keine Medikamente mehr“, sagt Lobmeier. „Aber ein Apotheker, der seinen Beruf richtig versteht, will seine Patienten gesund machen und nicht krank halten.“

Mit viel Energie ist Lobmeier in seine Selbstständigkeit gestartet. Als 33-Jähriger hat er noch viele Berufsjahre vor sich. „Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt“, sagt er. „Aber die Vor-Ort-Apotheke ist kein Auslaufmodell, sie wird gebraucht. Auch meine Kunden sagen mir, dass sie dies und jenes im Internet günstiger bekommen. Aber eine eingehende Beratung bleibt das A und O. Es ist entscheidend, dass die Politik einsieht, dass die Apotheke am Platz ein zentraler Anlaufpunkt für alle Menschen ist, vom Kind zum Greis.“

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