Schmerzmittel-Ausgaben: 437 Millionen Euro im Jahr APOTHEKE ADHOC, 05.06.2018 20:26 Uhr
27 Prozent der Deutschen haben chronische Rücken- oder Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen oder Migräne. Heute ist der 7. „Aktionstag gegen den Schmerz“. Die Deutsche Schmerzgesellschaft kritisiert eine mangelnde Versorgung der Schmerzpatienten.
Die Versorgungsqualität und -effizienz muss erhöht werden: „Unser vom G-BA-Innovationsfonds gefördertes Projekt PAIN 2020 lotet hier neue Wege aus und stärkt ein interdisziplinäres und multimodales Konzept, um bei Patienten eine Chronifizierung der Beschwerden zu verhindern und ihnen eine geeignete Therapie zu bieten“, sagt Professor Dr. Hans-Raimund Casser, Präsidiumsmitglied der Schmerzgesellschaft.
Die 437 Millionen Euro beziehen sich alleine auf die Verkaufszahlen freiverkäuflicher Schmerzmittel. „Schmerzen zu behandeln, ist oft schwierig und erfordert Spezialisten, die möglichst berufs- und fächerübergreifend mit anderen Experten zusammenarbeiten“, erklärt Casser. „Diese Erkenntnis muss noch viel stärker in den Behandlungsalltag eingebracht werden.“
Deshalb hat er sich beim Innovationsfonds mit dem Projekt PAIN 2020 beworben. PAIN steht für „Patientenorientiert. Abgestuft. Interdisziplinär. Netzwerk.“ Das Projekt wird bundesweit gemeinsam mit der Barmer und über 30 Kooperationspartnern durchgeführt. Es hat eine Laufzeit von drei Jahren und ein Gesamtvolumen von rund sieben Millionen Euro. Das Projekt soll Wege aufzeigen, die Versorgung von Patienten, die ein hohes Risiko für die Entwicklung chronischer Schmerzen haben, zu verbessern.
„Ein Ziel ist also auch, unnötige Chronifizierungsverläufe zu verhindern, von denen wir wissen, dass sie eine immense Belastung für die Patienten darstellen“, so Casser.
Im PAIN 2020-Projekt sollen diese Patienten rechtzeitig identifiziert werden, um dann eine spezielle Schmerzdiagnostik und eine auf ihre Problematik zugeschnittene Therapie zu erhalten. Das langfristige Ziel: Bewährt sich die PAIN 2020-Methode, könnte das Modellprojekt in die Regelversorgung überführt werden.
Ein weiteres wichtiges Thema des heutigen Aktionstages: Nicht jeder Mensch mit Schmerzen geht zum Arzt. Laut Zahlen des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) verordnen sich Millionen von Schmerzpatienten ihre Therapie quasi selbst. Die beliebtesten Arzneimittel sind hierbei Ibuprofen, Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol und Diclofenac. „Diese Arzneien unterscheiden sich in ihrer Wirkung und in ihren Nebenwirkungen, denn Schmerzmittel ist nicht gleich Schmerzmittel“, sagt Berend Groeneveld, Patientenbeauftragter des Deutschen Apothekerverbandes.
Auch wer Schmerzmittel vom Arzt verordnet bekommt, nimmt in der Selbstmedikation bei bestimmten Schmerzen zusätzliche Schmerzmittel ein. Auch hier können gefährliche Doppeldosierungen oder Wechselwirkungen auftreten. Oft ist der Apotheker die Erstinstanz, die das erkennen und den Patienten vor Schäden bewahren kann.
Groeneveld rät: „Wer häufig oder über einen langen Zeitraum Schmerzmittel nimmt, sollte immer mit seinem Arzt oder Apotheker sprechen und sich über Behandlungsalternativen informieren.“ Die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. ist mit rund 3.400 persönlichen Mitgliedern die größte wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft im Bereich Schmerz in Europa. Darüber hinaus ist sie der IASP (International Association for the Study of Pain) sowie der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften). Der Anspruch auf Schmerztherapie ist ein Menschenrecht (EFIC, Human Rights Watch 2009).