Miete bringt Fass zum Überlaufen

Schließung mitten in Berlin: „Davon kann man nicht leben“

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Berlin -

Apotheken sterben – auch mitten in der Stadt. Dafür gibt es auch in Berlin ein neues Beispiel: Bettina Eitner musste ihre Grunewald-Apotheke am berühmten Kurfürstendamm schließen. Die Gründe dafür sind vielfältig, am Ende kam alles zusammen. Eine drohende massive Mieterhöhung brachte das Fass schließlich zum Überlaufen.

In der vergangenen Woche schlossen sich die Türen der traditionsreichen Apotheke, die es seit 1898 vor Ort gab, benannt nach dem nahegelegenen S-Bahnhof, der damals noch Grunewald hieß. 2009 hatte Eitner die Apotheke übernommen – und sie hätte sie wohl auch noch etwas weiter geführt. Aber: „Mein Mietvertrag ist ausgelaufen. Zwischendurch hat der Hausbesitzer gewechselt, jetzt ist das ein Immobilienunternehmen aus München. Die haben 1500 Euro mehr Miete gefordert“, berichtet Eitner. Das brachte neben allen anderen Belastungen das Fass zum Überlaufen.

Alles summiert sich

Neben der Heimbelieferung und der Belieferung mit Sprechstundenbedarf, wo in beiden Fällen die Vergütung seit Langem stagniere, seien es am Ende auch die Hochpreiser gewesen, die zur immer größeren Belastung wurden. „Ich habe das Gefühl, dass wir nur noch aus Hochpreisern bestehen.“ Sie habe eine Handelsspanne von 8 bis 10 Prozent, das reiche einfach nicht für einen auskömmlichen Apothekenbetrieb und erst recht nicht, um die geforderte Mieterhöhung mitgehen zu können.

Dann Kassenabschlag, Preisaufschläge bei den Großhändlern: „Das klingt alles nicht viel, aber das summiert sich“, sagt Eitner. „Und was mich am meisten nervt, ist die EC-Kartenzahlung.“ Das Ganze sei als anteiliger Beitrag berechnet, ginge dann auch noch auf den Bruttobetrag, „das heißt, auf die Mehrwertsteuer zahle ich dann auch noch mal Kreditkartengebühren“. Und auch die Zuzahlung, die für die Krankenkassen „eingetrieben“ wird, koste Apotheken extra, wenn diese per Karte bezahlt werden.

E-Rezept: „Tausende Euro sind uns da flöten gegangen“

„Man kann von diesen Erträgen kein Personal mehr bezahlen“, so Eitner. „Dann die ganze Bürokratie, Identitätsprüfungen – das empfinde ich als Schikane.“ Und zusätzlich seien mit diesem Jahr noch weitere Probleme aufgetreten: „Beim E-Rezept wussten wir gar nicht gut Bescheid. Tausende Euro sind uns da flöten gegangen“, so die Inhaberin. Mal wurden Arzneimittel bei der Abgabe nicht richtig verbucht, mal war die Signatur aus der Praxis nicht richtig – zu viele Unwägbarkeiten für viele Apotheken. „Jetzt finden wir die Handhabung auch einfacher. Aber am Anfang? Alle Fehler, die die Ärzte machen konnten, haben sie gemacht und keiner wusste richtig Bescheid.“

Weitere Kosten für Abwicklung

Die Abwicklung wirft zusätzliche Fragen auf. Viele Dokumente können in den Aktenvernichter, vieles muss nun aber privat noch zehn Jahre aufbewahrt werden – wohin damit? Die letzten Rezepte müssen noch schnell fertig gemacht und ans Rechenzentrum übergeben werden. Auch das Schild außen an der Apotheke macht plötzlich Probleme: „Jetzt muss ich noch knapp 1000 Euro fürs Abreißen bezahlen!“ Im Zuge der Schließung summieren sich somit weitere ungeahnte Kosten.

Nicht ausschlaggebend, aber ebenfalls mit auf die Misere zahlte der Personalmangel ein. Zwei PTA habe sie verloren, weil diese sich durch das zunehmende Verkehrschaos in Berlin nach vielen Jahren Betriebszugehörigkeit lieber Apotheken in der Nähe zum Wohnort suchten. Ihre älteste Mitarbeiterin hält ihr aber auch jetzt in der Abwicklung noch die Treue: „Sie ist PKA und seit 55 Jahren in dieser Apotheke angestellt. Eigentlich ist sie schon in Rente, kommt aber trotzdem noch und auch jetzt noch zum Helfen.“

Neues Personal anzulernen habe hingegen immer wieder Zeit gekostet. Genauso wie Umstellungen im Apothekenalltag, wie die zu erstellenden Hashcodes für Rezepturen. „Die machen mich krank.“ Teilweise seien das echte Herausforderungen gewesen. „Ich bin seit 25 Jahren selbstständig, habe von Anfang an immer alles auf dem PC erledigt, aber irgendwann ist das Fass übergelaufen. Das Unwort meines Lebens ist ‚Passwort‘“, so Eitner.

Jetzt Rente – oder doch weiterarbeiten?

Für Apotheken komme gerade zu viel zusammen. „Der Umsatz täuscht über den Rohgewinn hinweg“, sagt die Inhaberin, wodurch die Steuerlast ebenfalls zunehme, bei ihr bleibt aber immer weniger hängen. „Davon kann man nicht leben.“ Daher hat sie sich nun entschieden, aufzuhören. Seit dem 18. September ist die Apotheke geschlossen, da ging es direkt an die Abwicklung.

Im Minus sei Eitner zum Glück nicht, trotzdem werde sie sich jetzt mit 63 noch einmal mit der Kammer auseinandersetzen, „wann ich in Rente gehen kann“ oder ob sie noch einmal ins Angestelltenverhältnis wechseln muss. Aber ein paar Monate sei sie vorrangig sowieso mit der Aufarbeitung beschäftigt – inklusive Abriss des goldenen Apothekenschildes.

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