Buxtehude

Apotheke nach 281 Jahren am Ende

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Berlin -

281 Jahre lang war die Rats- und Einhorn-Apotheke in Buxtehude im Besitz der Familie Leddin. Nun schließt sie. Inhaber Christoph Leddin hat genug. Die Apothekenräume will er nun vermieten – damit könne er mehr verdienen als mit der Apotheke, ist er überzeugt.

Leddin kritisiert, dass die Vergütung kaum angepasst worden sei, während seine Kosten um ein Viertel gestiegen seien. Als er die Apotheke vor 30 Jahren übernommen habe, sei es noch einfach und gut gewesen, eine Apotheke zu leiten. Aber bereits in den vergangenen Jahren habe sich abgezeichnet, dass es schlechter laufe. „Und bei der Standesführung wird sich auch nichts ändern“, ist Leddin überzeugt.

Die ABDA trete immer wieder als Bittsteller auf, kritisiert der Apotheker mit Blick auf die Ärzte. Die würden regelmäßig hohe Summen fordern, um wenigstens einen Teil zu erhalten. Für die Apotheken stiegen aber nur die Ausgaben. Besonders das Qualitätsmanagement und die Rabattverträge sind Leddin ein Dorn im Auge: „Das wird völlig unnötig aufgebläht“, findet er.

Durch die Rabattverträge war der Lagerumschlag für seine Apotheke in Innenstadtlage nicht mehr zufriedenstellend: „Entweder ist das Lager groß und zu teuer, oder man hat die Arzneimittel nicht vorrätig und muss die Patienten wegschicken“, so Leddins Fazit.

Eine Lösung ist für ihn nicht in Sicht. Den Beruf so zu entwickeln, wie es sich die Standesführung vorstellt, ist seiner Meinung nach nicht finanzierbar. Das Medikationsmanagement beispielsweise sei eine „zeitraubende Sache“ – er habe dafür weder Personal noch Zeit. Und ohne eine bessere Vergütung wird sich daran auch nichts ändern.

Zuletzt hatte Leddin neun Mitarbeiter – im Juni haben er und seine Frau die Apotheke allein betrieben. „Meine Mitarbeiter haben alle schon neue Jobs gefunden“, erzählt der Apotheker. Er habe ihnen rechtzeitig gekündigt, um ihnen diese Chance zu geben.

Die Kunden waren sehr traurig: „Viele meinten, ich hätte ja mindestens noch solange arbeiten sollen, bis sie nicht mehr sind – aber dann hätte ich ewig bleiben müssen“, scherzt Leddin. Er habe sehr viele Stammkunden gehabt, die mit der Beratung hoch zufrieden gewesen seien – denn er habe auch von Medikamenten abgeraten.

Leddin ist aber überzeugt, dass er das bald nicht mehr machen kann – zumindest nicht, ohne wirtschaftlichen Schaden zu nehmen. Ähnlich bewertet er auch des Perspektivpapier 2030: Prinzipiell gut – „so, wie ich immer gearbeitet habe“ –, aber finanziell nicht umsetzbar.

Einige Kunden sind aber auch böse. Für sie gehört die Apotheke zu Buxtehude. Die Spur reicht zurück bis ins Jahr 1729: Damals kam Johann Christoph I. in die Hansestadt und bekam eine Stellung bei dem Ratsapotheker Johann Wilhelm Schneidermann. 1733 heiratete Johann Christoph I. die Tochter des Apothekers. Im selben Jahr verstarb Schneidermann – Leddins Urahn übernahm die Apotheke. Erste Hinweise für eine Apotheke in Buxtehude liegen bereits aus dem Jahr 1634 vor.

1775 übernahm Johann Christoph II., Sohn aus zweiter Ehe, nach dem Tod seines Vaters die Apotheke. Inzwischen war die Apotheke von der Fischerstraße an das Westfleth verlegt worden. 1737 hatte es bereits den ersten größeren Umbau gegeben.

Als Johann Christoph II. 1803 im Alter von 59 Jahren starb, war sein Sohn und Nachfolger Johann Christoph III. noch nicht volljährig und konnte die Apotheke noch nicht übernehmen. Seine Mutter bemühte sich darum um einen Verwalter. Er blieb solange, bis der Sohn das Erbe antreten konnte.

1851 übernahm sein ältester Sohn Johann Christoph IV. die Apotheke von seinem Vater und führte sie bis zu seinem Tod 1870. Da seine Ehe kinderlos geblieben war, übernahm sein jüngerer Bruder, Heinrich Wilhelm, die Apotheke. Auch er starb vergleichsweise jung – sein Sohn Johann Christoph V. übernahm die Apotheke 1888, nachdem sie erneut zwei Jahre von einem Verwalter geführt worden war.

Johann Christoph V. war sehr engagiert und wurde 1898 zum Senator der Stadt gewählt. Dieses Amt hatte er zehn Jahre lang inne. Außerdem war er Apothekenrevisor und Mitglied der Prüfungskommission für Apotheker. Nach ihm wurde die Leddinstraße in Buxtehude benannt. Sein Erstgeborener, Wilhelm Felix Hermann, übernahm die Apotheke nach dem Tod seines Vaters 1924.

Der Großvater des heutigen Inhabers verlegte die Apotheke aus der Beschaulichkeit des Westfleths in die damals verkehrsreichste Straße der Stadt – in die Lange Straße, wo sie noch heute zu finden ist. 1934 wurde ein größerer Umbau vollzogen und dem Apothekenverkaufsraum eine Drogerie angeschlossen. Die Drogerie erhielt eine neue Inneneinrichtung, in der Offizin blieben die alten Regale aus dem Jahr 1856. In den 50er Jahren wurden ein modernes Laboratorium und ein neues Photolaboratorium eingerichtet.

Sein Sohn Hans Hermann übernahm die Apotheke 1958. Christoph Leddin übernahm die Apotheke schließlich von seinem Vater. Mit ihm endet die pharmazeutische Tradition der Familie. Seine beiden Kinder haben etwas anderes gelernt. „Es war klar, dass die Tradition endet“, so Leddin.

Nun ist am 30. Juni Schluss. „Die Entscheidung ist mir dennoch schwer gefallen“, sagt Leddin. „Damit tut man sich nicht ganz leicht.“ Aber sein Geschäftssinn sage ihm, aufzuhören, wenn nicht mehr viel übrig bleibe. Seine gewonnene Zeit will der 58-Jährige nun nutzen, um seine Enkelkinder zu besuchen und zu reisen.

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