Apotheken-Filiale in Nordrhein-Westfalen

Schließung: „Ich bin Betroffene der AvP-Insolvenz“

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Berlin -

Apothekerin Claudia Schneppel hat bis Freitag vier Apotheken im nordrhein-westfälischen Ennepetal betrieben. Die Pleite der Abrechnungsfirma AvP im Jahr 2020 hat ihre Betriebe wirtschaftlich schwer geschwächt. Die Schließung einer ihrer Filialen war folglich unumgänglich. Im Zuge dessen muss sich die Inhaberin auch von einigen Mitarbeiter:innen trennen.

Die Apotheken von Claudia Schneppel befinden sich alle in unmittelbarer Nähe zueinander. Damit hat sie in Milspe so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal. Es gibt sonst keine weiteren Apothekenbetreiber:innen im selben Ortskern. Für die Schließung der Klutert Apotheke am 23. Juni nennt die 52-jährige Inhaberin vor allem wirtschaftliche Gründe.

„Ich bin Betroffene der AvP-Insolvenz“, erklärt sie. „Und das ist ein Kapitel, welches noch immer nicht wirklich abgeschlossen ist. Damals dachte ich schon so – das war es jetzt´.“

Während der Coronapandemie habe sie alles mitgemacht, was ginge: Angefangen von der Testung bis hin zur Impfung. „Auch die Zertifikaterstellung und Maskenabgabe war finanziell nach der Pleite wie ein kleiner Segen für mich. Das hat schon etwas geholfen und die wirtschaftliche Misslage etwas in den Hintergrund gedrängt.“

Wirtschaftlichkeit nicht gegeben

Die Lage habe sich allerdings seit Beginn des Jahres erneut zugespitzt. Das man mit vier Apotheken ein enormes Arbeitspensum abzuleisten hat, sei Schneppel selbstredend bewusst. „Das ist kein Wunschkonzert, das ist schon klar.“ Aber die Wirtschaftlichkeit sei einfach nicht mehr gegeben. „Die Personalkosten stehen nicht im Verhältnis zu dem, was diese viele Arbeit gerade einbringt. Ich könnte wirklich massig Leute einstellen, die hätten alle gut zu tun, keine Frage. Aber das kann ich mir nicht mehr leisten.“

Schneppel habe zudem das Gefühl, ständig am Limit zu sein. „Die Arbeitsüberlastung ist nicht mehr tragbar. Ich möchte das hier gescheit am Laufen halten und nicht permanent meine Angestellten und mich in eine Überbelastung laufen lassen. Weil immer im Hinterkopf die wirtschaftlich komplizierte Lage mitschwingt. Es ist leider einfach zu knapp.“

Im Fall von Schneppel komme hinzu, dass sie Liquidität für AvP freimachen musste. „Die Bank hat dankenswerterweise das Ganze aufgefangen, aber das muss ich auch zurückzahlen. Das macht die Situation aktuell nicht besser“, so die Apothekerin.

Seit sie die vierte Apotheke übernommen hat, ist sie rund um die Uhr am Arbeiten, so der Eindruck der Inhaberin. „Meinen Angestellten, die voll hinter mir stehen, geht es nicht viel anders. Da muss man sich schon genau fragen, ob das noch tragbar ist und ob man das so will und kann.“

Drei Monate habe sie intensiv überlegt, wie sie weitermachen möchte. Letztlich hat sie eine Entscheidung getroffen: Sie schließt ihre Klutert Apotheke. „Es war trotz Ärztehaus überaschenderweise die wirtschaftlich schlechteste. Manchmal ist es absurd.“

Fünf Mitarbeiter:innen müssen gehen

„Leider bin nicht in der komfortablen Situation alle meine Mitarbeiter:innen mitnehmen zu können. Das gibt das Betriebsergebnis eben nicht her. Ich muss die Personalkosten senken.“ Zählt man alle vier Apotheken zusammen, hat Schneppel insgesamt knapp 60 Angestellte. „Damit bin ich automatisch in der Sozialauswahl. Ich konnte nicht nur weil ich die Klutert Apotheke geschlossen habe, das komplette Team von dort entlassen. Die haben auch absolut keine Schuld an der Situation. Einige von ihnen arbeiten seit 25 Jahren zusammen. Das hat immer super funktioniert.“

Nun habe Claudia Schneppel fünf ihrer Mitarbeiter:innen die Mitteilung machen müssen, dass sie sie nicht weiter beschäftigen kann. „Das war wirklich schlimm“, betont sie. „Ich habe in fassungslose Augen geblickt und tränenreiche Gespräche geführt. Einige hängen noch in einer Art Schockstarre. Und auch wenn die Entlassung nicht die komplette Mannschaft betrifft – es wird ein tiefer Einschnitt für uns sein. Das ist absolut nicht einfach und tut mir unglaublich leid.“

Trotz der momentanen Verwirrung und Traurigkeit erlebe Schneppel starken Rückhalt ihrer Mitarbeiter:innen. „Das war auch immer so. Nicht eine:r ist vorzeitig gegangen.“ Die Inhaberin versuche stets, mit ihren Angestellten auf Augenhöhe zu agieren. Der Grat, als Chefin ein gutes Verhältnis zu seinem Team zu haben, sei manchmal schmal, gerade wenn unangenehme Entscheidungen wie die der Schließung getroffen werden müssen. „Aber grundsätzlich haben wir ein guten Draht zueinander. Da bin ich sehr stolz drauf.“

Zukunft im Blick behalten

Mit ein paar ihrer Mitarbeiter:innen hat sie bereits als angestellte Apothekerin viele Jahre zusammen gearbeitet: In einer ihrer jetzigen Betriebe. „Und gerade weil ich eben auch die andere Seite kenne und weiß, wie wichtig es ist, Teil eines gut funktionierenden Teams zu sein, habe ich ein echtes Interesse daran, dass es meinen Mitarbeiter:innen gut geht und dass ich allen einen sicheren Job geben kann. Dass fünf von ihnen nun nicht mehr dabei sind, ist unglaublich schmerzhaft, aber ich muss das Gesamtkonstrukt im Blick behalten. Ich habe eine Apotheke in der Hoffnung geschlossen, dass die Kundschaft erhalten bleibt und sich auf meine drei anderen Apotheken in der Fußgängerzone umverteilt.“ Ihre Fuchs Apotheke beispielsweise ist fußläufig nur etwa 200 Meter zur jetzt schließenden Filiale entfernt.

Claudia Schneppel hat 16 Jahre als angestellte Apothekerin gearbeitet, bis sie sich 2011 selbstständig machte. Damals hat sie die Apotheke übernommen, in der sie auch als angestellte Apothekerin gearbeitet hat. Vier Jahre später folgte die erste Filiale. Nach etwa gleichem Abstand traute sie sich gleich zwei Apotheken auf einmal dazu zunehmen. „Ich stamme nicht aus einer Apothekerfamilie. Bis zu meinem Studium hatte ich nichts am Hut mit Pharmazie. Aber ich muss wirklich sagen, dass ich diesen Beruf liebe. Ich bin nach wie vor begeistert und mache das einfach furchtbar gerne – trotz der politischen Ignoranz, und auch wenn es mal dunkle Zeiten gibt“, so die Inhaberin.

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