Schließung: Darum machen Apotheken nicht mit Carolin Ciulli, 24.06.2024 15:08 Uhr
Nicht alle Apotheken stehen hinter den geplanten Protesten in Hessen. In Wiesbaden und Frankfurt bleiben Betriebe an zentralen Standorten geöffnet. Schließungen nur auf Länderebene seien „nicht sinnvoll“, sagt Apotheker Nicolas Geisthardt. Zudem treffe eine zweitägige Schließung letztlich vor allem die Kundschaft.
Die Europa-Apotheke in Wiesbaden und die Bahnhofs-Apotheke in Frankfurt werden sich nicht an den Protesten in Hessen beteiligen. Der Hauptkritikpunkt sei, dass Proteste und Schließungen alleine in einem Bundesland kaum Wirkung zeigen werden, sagt Geisthardt, der die Europa-Apotheke leitet. „Da bekommt man doch nicht einmal eine Meldung in der Tagesschau.“ Bei bundesweiten Protesten hätte die Lage anders ausgesehen.
Der Hessische Apothekerverband (HAV) hat dazu aufgerufen, die Apotheken am 27. und 28. Juni zu schließen. Mit dieser zweitägigen Aktion soll gegen den vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgelegten Referentenentwurf zur geplanten Apothekenreform protestiert werden. Dieser habe die schlimmsten Erwartungen für die Patientinnen und Patienten und der flächendeckenden Arzneimittelversorgung durch die öffentlichen Apotheken noch weit übertroffen, hieß es.
Schließung in Hessen „versteht doch keiner“
Geisthardt zufolge wäre ein bundesweiter Protest angebracht. Immerhin gehe es um ein Bundesgesetz, das alle Apotheken betreffe. Doch seitens der Abda hat er wenig Hoffnung, dass dort zu einer Aktion aufgerufen werde. „Man hätte was machen können.“ Dazu komme, dass die Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz gleich auf der anderen Rheinseite liege. Dort seien die Apotheken aber geöffnet. „Das versteht doch keiner.“
Auch eine zweitägige Schließung hält der Apotheker für nicht sinnvoll. „Es ist doch das Gleiche, ob ich nur einen Tag schließe. Damit verärgert man nur die Patienten.“ Denn wenn die Kundinnen und Kunden am Donnerstag und Freitag vor verschlossenen Türen ständen, müssten sie die Abholung der Arzneimittel oder weiteren Produkte entweder für Mittwoch oder Samstag planen. „Das wird die Patienten hart treffen.“
Bei den Protestaktionen im vergangenen Jahr hat sich die Europa-Apotheke in Wiesbaden beteiligt. Letztlich sei es ein Abwägen, sagt Geisthardt. Der Betrieb sowie die Bahnhofs-Apotheke und zwei weitere Standorte in Liederbach gehören zur Offenen Handelsgesellschaft (OHG) von Sonka Endelmann und Maximilian Bernd.
Die Verweigerungshaltung kommt bei Kolleginnen und Kollegen nicht gut an. Dass sich Apotheken in Innenstadtlagen konsequent nicht am Protest beteiligen wollten, führe dazu, dass weitere ebenfalls offen blieben, da sie keine Kunden an die direkte Konkurrenz verlieren wollten. Ein Inhaber kritisiert, dass andere Verbände nicht dem Vorbild der Hessen folgten.
HAV: 90 Prozent beteiligen sich
Beim HAV blickt man der Protestaktion zuversichtlich entgegen: Verbandschef Holger Seyfarth erwartet eine Beteiligung von etwa 90 Prozent aller rund 1400 Apotheken. „Wir haben auch Zusagen aus anderen Bundesländern wie zum Beispiel Bayern, Rheinland-Pfalz, Tübingen und Niedersachsen. Selbst die Adexa hat heute Morgen berichtet, dass sie unsere Protesttage unterstützt“, sagt er. Darüber hinaus würden „alle relevanten Parteien aus Wiesbaden am Donnerstag zum Opernplatz kommen und ihr Statement gegen die von Lauterbach geplante Reform abgeben“.