Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) wurde vor wenigen Tagen durch den Bundestag beschlossen. Trotzdem schließen sich Apotheken im Altenburger Land zu einem Schaufenster-Protest zusammen: „Wir dürfen einfach noch nicht aufgeben, irgendwas müssen wir doch machen!“
Die Apotheken werden zur Kasse gebeten: Der Zwangsrabatt steigt in den Jahren 2023 und 2024 von derzeit 1,77 auf 2 Euro. Das bedeutet eine Belastung von insgesamt rund 120 Millionen Euro pro Jahr, pro Apotheke fehlen so im Durchschnitt rund 6000 Euro. Das GKV-FinStG wurde mit den Stimmen der Ampel-Koalition beschlossen. Mit dem Gesetz soll das erwartete Finanzloch in der gesetzlichen Krankenversicherung von geschätzt 17 Milliarden Euro geschlossen werden. Steigende Beiträge, höhere Steuerzuschüsse und ein Sparbeitrag der Pharmaindustrie sollen zur Entlastung beitragen.
Am Tag vor der Verabschiedung im Bundestag hatten die Apotheken in Hamburg, Schleswig-Holstein, Brandenburg und dem Saarland gestreikt. In anderen Bundesländern gab es ebenfalls Protestaktionen. Die Apotheker:innen hatten sich wenig Illusionen gemacht, dass dies noch Einfluss auf die laufende Gesetzgebung haben würde. Vielen ging es aber darum, ein Zeichen zu setzen und mit der Bevölkerung über die Sorgen der Apotheken ins Gespräch zu kommen.
Um sich weiterhin Gehör zu verschaffen, schlossen sich mehrere Apotheken im Altenburger Land zusammen, um gemeinsam eine Schaufenster-Aktion ins Leben zu rufen. Inhaber:innen entwarfen einheitliche Formulierungen, die auf Schildern sichtbar an den Apotheken angebracht wurden. Sätze wie: „Die Regierung spart uns tot! Was ist, wenn wir nicht mehr da sind?“ Oder „Jeden Tag schließt eine Apotheke für immer!“ sollen die Kundschaft nachdenklich stimmen.
Auch die Hof-Apotheke ist dabei. „Die Leute haben Bammel, dass noch mehr Apotheken schließen könnten, Immerhin haben in den letzten Jahren schon mehrere Apotheken hier im Landkreis geschlossen“, bedauert Inhaberin Marina Wetzig. Die Schließungen seien vorrangig auf Personalmangel zurückzuführen gewesen. Ihre Traditionsapotheke gebe es schon seit 1653: „Wir sind immer am selben Ort geblieben und noch nie umgezogen. Die Leute kennen uns und verlassen sich auf uns.“ Protest solle nicht nur im Stillen stattfinden: „Irgendwas müssen wir doch machen, wir können nicht immer alles nur so hinnehmen, auch wenn der Streik bis jetzt noch nichts bewirkt hat.“
Auch Christian Gräser, Inhaber der Alte Stadt Apotheke, beteiligt sich an der Aktion. „Wenn Kund:innen unsere Apotheke betreten, laufen sie zwangsläufig an unserem Plakat vorbei. Auf diesem machen wir mit kräftigen Aussagen auf unsere prekäre Situation aufmerksam“, erklärt Gräser.
Die Patient:innen reagieren durchweg positiv und interessiert auf das Plakat. Viele würden direkt nachfragen: „Wo ist denn die Unterschriftenliste, auf der ich unterschreiben kann, um sie zu unterstützen?“ So erkundigte sich ein Kunde bei Gräser. Er habe noch keine Liste angefertigt: „Das wäre aber durchaus noch eine Form der Steigerung, um auf uns aufmerksam zu machen.“ Gräser bedauert, dass die Streikaktionen erst so kurz vor dem Gesetzesbeschluss im Bundestag stattgefunden hätten: „Ich denke, drei Tage vorher mit solchen Protesten zu starten, machte keinen Sinn. Trotzdem dürfen wir nicht zu zeitig aufgeben, deshalb haben wir Kollegen uns zusammengeschlossen und einheitlich einen Text entworfen, den wir aushängen.“
Gräser findet es effektiver, die Schilder direkt an die Tür zu hängen, im Schaufenster werde die Aktion eher übersehen. „Wenn die Leute direkt beim Eintreten lesen, was Sache ist, interessieren sie sich viel mehr für unsere Situation.“ Es sei wichtig, dass nicht nur Apotheker:innen protestieren, auch die Kundschaft solle angesprochen werden. „Der Druck von der Straße kommt auf legale Weise!“
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