Die Apotheken sterben nicht aus, aber sie sterben. Jedenfalls werden sie immer weniger. Und das seit Jahren, vermutlich auch in dieser Woche. Und es wären noch deutlich weniger, wenn alle Inhaber pünktlich in Rente gingen. Hoffentlich ist der Grund dafür öfter die Freude am Beruf als die vergebliche Suche nach einem Nachfolger. Nachwuchstalente werden dagegen abgeschreckt – auch in dieser Woche.
Die demographische Entwicklung, jene schon sprachlich bedrohlich wirkende Urnenform, ist natürlich kein apothekenspezifisches Problem. Aber sie macht eben vor der Apotheke auch nicht halt: Westfalen-Lippes Kammerpräsidentin Regina Overwiening nennt die Entwicklung in den Apotheken eine „tickende Zeitbombe“. Jeder sechste Inhaber in ihrem Kammerbezirk ist älter als 65 Jahre.
Aber es geht noch besser: In Hamburg hat in dieser Woche ein 73-Jähriger eine neue Apotheke eröffnet – der Ruhestand war ihm zu langweilig. Im Vergleich zu einigen Kollegen ist das immer noch geradezu jugendlich: In Niedersachsen sind noch ein 91-jähriger Apotheker und eine 90-jährige Apothekerin aktiv. Die alte Garde steht also ihren Mann, nur die Jugend scheut zusehends die Offizin.
Junge Apotheker gründen immer später eine eigene Apotheke – und dabei hat die ABDA das Studium noch nicht einmal wunschgemäß verlängert. Der Nachwuchs will sich weniger binden, scheut das Risiko und die Bürokratie der Selbstständigkeit, begeht Landflucht und strebt eine gesündere „Work-Life-Balance“ an als die 60-Stunden-Woche eines Inhabers. Dazu kommt, dass die finanziellen Aussichten schon einmal besser waren.
Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) kennt viele Zahlen von Apotheken. Und die sind nicht immer rosarot, mindestens jede fünfte macht wirtschaftlich keinen Spaß, heißt es aus Düsseldorf. Das stimmt nachdenklich, wenngleich ökonomischer Spaß in Bankhäusern sicher anders definiert ist als bei selbstständigen Einzelhändlern. Und – die Spitze sei erlaubt – vielleicht würde die eine oder andere Apotheke mehr Spaß machen, wenn sich ihre Bank etwas genossenschaftlicher verhalten würde.
Ziemlich streng ist die Genossenschaft Noweda bei der Farbwahl ihrer Kunden. Grüne Apotheken werden nicht beliefert – weil sie angeblich nicht unabhängig sind. Bei anderen Zusammenschlüssen ist man nicht so zimperlich und auch die ein oder andere easy-Filiale wird mit anderthalb zugedrückten Augen über die unabhängige Hauptapotheke mitversorgt.
Das Noweda-Problem eines Apothekers aus NRW: Seine Hauptapotheke ist jetzt auch eine easy-Apotheke und deshalb will die Genossenschaft ihn nicht mehr beliefern. Weil er sich darüber grün ärgert, hat er dem Bundeskartellamt einen Brief geschrieben. Die Hüter des Wettbewerbs wollen sich die Marktmacht der Genossenschaft mal anschauen.
Ganz anderes, nämlich regelrecht zivilen Ungehorsam, von der Noweda fordert dagegen Apotheker Dr. Hermann Vogel jr. Der Großhändler soll seine Fahrzeugflotte trotz Verordnung nicht mit Kühltechnik aufrüsten, solange DHL jede Pille unkontrolliert für Versandapotheken durch die Lande schickt. Er hat sich in seiner Not sogar an Edmund Stoiber gewandt.
Für ihre Kontrolle bezahlen sollen neuerdings die Apotheken in Niedersachsen. Dann kommen die Herren vom Veterinäramt des Landkreises und prüfen, ob der Multivitaminsaft auch wohltemperiert und die Gummibärchen fachgerecht gelagert sind. Für die Lebensmittelkontrolle werden 43 bis 66 Euro fällig.
Zum Glück gibt es auch noch kostenlose Kontrollen. Einer, der sich anbietet, wenn für ein TV-Magazin ein paar markige Sprüche ohne zu viel professorales Abwägen benötigt werden, ist Professor Dr. Gerd Glaeske. Der legt gerne den Finger in die Wunde, wenn Apotheken schlecht beraten. Aber jetzt werden die Pharmazeuten schon für jede verkaufte Packung Dobendan geteert und gefedert. Glaeske plädiert für zuckerfreie Bonbons. Ist Geschmacksache.
Fachmann dafür ist übrigens Perry Soldan. Der Bonbonkocher aus Leidenschaft will mit seiner Familienmarke in der Offizin möglichst nah an der Kasse stehen. Denn der Impulskauf ist Soldans Gold. Im Supermarkt heißt das Quengelware und es heißt so, weil es funktioniert.
Rausnehmen aus den Regalen musste dm sein NAC-Produkt. Merke: Wenn man auf ein Arzneimittel Lebensmittel draufschreibt, bleibt es trotzdem ein Arzneimittel. Zweiter Versuch gescheitert, doch der nächste folgt bestimmt.
Zweiter Versuch Anti-Korruptionsgesetz: Das Bundesjustizministerium (BMJV) hat seinen Referentenentwurf durch die Lande geschickt und wartet jetzt auf Reaktionen. Doch schon vorab in der Ressortabstimmung hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) einen Verbesserungsvorschlag eingebracht, der dankend aufgenommen wurde: Die Kassen erhalten in der Neufassung ebenfalls das Recht, Strafantrag gegen Ärzte und Apotheker zu stellen. Ob das die Stimmung in der Selbstverwaltung verbessern hilft, man wird sehen.
Dabei ist es darum laut dem Gesundheitsexperten der CDU, Jens Spahn, ohnehin ziemlich schlecht bestellt. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung klagte er, wie enttäuscht die Politik oft von der Selbstverwaltung sei. Bestes Beispiel, oder besser gesagt, wie schlecht es schlechtestenfalls laufen kann, zeigt natürlich die eGK.
Aber die Apotheker haben zahllose eigene Fälle: Zuletzt scheiterte die gemeinsame Erstellung einer Aut-idem-Liste, ebenfalls nicht gelungen ist es, in konstruktiven Gesprächen diese vermaledeiten Nullretaxtationen aufgrund eines fehlenden i-Punktes abzuschießen. Die Verhandlungen zum Kassenabschlag waren über Jahre so verfahren und zerschiedst, dass man sich nach der Paketlösung darauf verständigte, sich das nicht mehr antun zu wollen.
Doch während der Gesetzgeber dieser letzten Bitte nachkommt und den Zwangsrabatt (bis zum nächsten Finanzloch in der GKV) bei 1,77 Euro festtackert, gab es bei der Nullretax den Doppelpass: Im GKV-VSG wird geregelt, dass es null geregelt wird. Stimmt nicht ganz: Regeln es Kassen und Apotheker nicht in einer Frist von sechs Monden unter sich, übernimmt das Schiedsgericht. Gutes Gelingen, Herr Dr. Hess.
Es geht aber auch harmonisch. Während die Kassen wegen eines vergessenen Kreuzes gerne mal vierstellig retaxieren, wollen sie bei der Umsetzung der Aut-idem-Liste Gnade vor Recht ergehen lassen. Das Substitutionsverbot ist zwar auch bindend und wird ebenfalls mit dem Patientenschutz begründet, aber beides darf bei den Prüfstellen hinter einen Rabattvertrag zurücktreten. Also keine Retax zum Wochenende. Ihnen ein schönes.
APOTHEKE ADHOC Debatte