Rückenschmerzen

Bei Hexenschuss nicht schonen

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Aachen/Essen -

Die akuten Schmerzen kommen ohne jede Vorwarnung. Plötzlich machen sie sich beim Bücken oder Heben heftig stechend im unteren Rückenbereich bemerkbar – mit der Folge, dass das Kreuz vorübergehend zum Teil blockiert ist. Natürliche Bewegungen wie sich aufrichten oder gehen sind nur noch eingeschränkt möglich. Und auch die höllischen Schmerzen lassen erst einmal nicht nach. Klarer Fall: Der Betroffene hat einen Hexenschuss – medizinisch: Lumbago.

Der volkstümliche Name hat mit der gebeugten Haltung zu tun, die an ein Kräuterweib aus dem Mittelalter erinnert. Manchmal dehnen sich die Schmerzen über den Rücken und das Gesäß bis ins Bein aus. Dann ist von einer Lumboischialgie die Rede. Taubheitsgefühle oder Lähmungserscheinungen können Hinweise auf einen Bandscheibenvorfall sein.

„Der klassische Hexenschuss mit Beschwerden in der Lendenwirbelsäule ist vor allem ein muskuläres Problem, das durch mangelnde oder falsche Bewegung entsteht“, sagt der Aachener Orthopäde Dr. Nils Lynen. Der Rücken wird einseitig belastet, dann auf einmal verhakt sich das Kreuzbein oder ein Wirbel verrutscht – und schon ist es passiert. Fatal für den Rücken ist vor allem das weit verbreitete ständige Sitzen. Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nehmen allein 17 Millionen Deutsche Tag für Tag stundenlang im Büro Platz.

Wer immer sitzt und nicht für Ausgleich durch Bewegung sorgt, fordert die tiefliegende Rückenmuskulatur nicht. Irgendwann ist sie geschwächt. „Oft führt dann eine unglückliche Bewegung zu einem Hexenschuss“, erklärt Ramin Nazemi. Er ist Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie und Sportmedizin in Essen. „Treffen kann es aber auch Sportler“, betont Lynen. Ihnen droht ein Hexenschuss zum Beispiel, wenn sie vor dem Training die Muskeln nicht ausreichend gedehnt haben.

Bei einem Hexenschuss verkrampft sich die Rückenmuskulatur in der Lendenwirbelsäule. Weil sich dort viele Nervenfasern befinden, ist das Schmerzempfinden groß. Gegen akute Schmerzen helfen Tabletten. „Sie sind teils ohne Rezept erhältlich“, so die ABDA. Um unliebsame Nebenwirkungen zu vermeiden, sollte man sich genau an die im Beipackzettel angegebene Dosis-Empfehlung halten.

„Sind die Beschwerden nach drei Tagen nicht abgeklungen, sollte ein Arzt aufgesucht werden“, so die ABDA. Von der weit verbreiteten Empfehlung, im akuten Fall Kopf und Rücken gerade etwa auf den Boden sowie Knie und Unterschenkel auf einen Hocker zu legen, rät Michael Preibsch vom Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK) ab. „Diese sogenannte Stufenlagerung trägt nicht dazu bei, dass sich die Muskelblockade löst.“

Dagegen sorgt Wärme für Entspannung. So dringt etwa eine Bestrahlung des Rückens mit Rotlicht tief in das Muskelgewebe ein und löst die Verkrampfung. Die Wärme aus einer Wärmflasche hingegen reicht nicht weit genug in die Muskeln hinein. Die Rotlicht-Bestrahlung sollte aber nicht länger als fünf Minuten dauern. „Wird die Körperpartie überwärmt, dann kann dies die Verspannungen vertiefen“, warnt Nazemi.

Selbst in der akuten Schmerzphase sollte der Betroffene von strenger Bettruhe und Schonung absehen. „Stattdessen sind leichte Bewegungen empfehlenswert“, betont Preibsch. So tut beispielsweise Spaziergehen dem Rücken gut. Dadurch wird die Durchblutung angeregt. Auch ein Training auf einem Fahrradergometer oder auf einem Crosstrainer trägt dazu bei, die Muskeln zu lockern. Von Joggen sollte man eher absehen, da dadurch die Wirbelsäule zu stark belastet wird.

Wer Rückenbeschwerden im Allgemeinen und einem Hexenschuss im Besonderen vorbeugen will, sollte möglichst viel Bewegung in den Alltag integrieren. Im Büro kann es hilfreich sein, zwischendurch statt auf einem Stuhl am Schreibtisch an einem Stehpult zu arbeiten, gibt Preibsch ein Beispiel. Statt einen Kollegen, der im selben Haus arbeitet, anzurufen oder eine E-Mail zu schicken, kann man auch zu ihm gehen und ihm die Info persönlich übermitteln.

Damit die Rückenmuskulatur bei einer überwiegend sitzenden Tätigkeit nicht verspannt, sollte man zwischendurch immer mal wieder Arme und Beine kräftig dehnen und strecken. In den Büroalltag lassen sich auch andere einfache Übungen integrieren, die die Rückenmuskeln trainieren und die Lendenwirbelsäule dehnen. „Dazu gehört etwa, sich aufrecht hinzustellen und das Becken einige Male kreisend zu bewegen“, sagt Lynen.

Eine andere Übung: Sich auf eine Stuhlkante zu setzen, etwa ein dickes Buch zwischen die Knie zu strecken, die Beine zusammenzudrücken und die Spannung einige Sekunden halten. Dieser Vorgang sollte mehrmals wiederholt werden. Nach längeren Autofahrten trägt zu Muskellockerung bei, sich auf die Zehenspitzen zu stellen, die Beine anzuspannen und dann abwechselnd nach vorn und zurück zu schwingen. „In der Freizeit kann etwa auch ein Krafttraining in einem Fitnessstudio hilfreich sein, um die Rückenmuskulatur zu trainieren“, sagt Nazemi.

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