In der Bevölkerung herrscht derzeit große Unsicherheit in Bezug auf das neuartige Coronavirus. Der Privatsender RTL hat nun bei Facebook einen Apotheker ins Kreuzverhör genommen – unter einem Facebook-Post können Verunsicherte und Interessierte ihre Fragen an den Fachmann stellen.
Der Apotheker galt schon in früheren Zeiten neben dem Arzt als erste Ansprechperson, wenn es um gesundheitliche Fragen geht. In der aktuellen Krisensituation ist er allerdings gefragter denn je: Apotheken werden derzeit vermehrt als Anlaufstelle genutzt, um Informationen aus erster Hand zu erhalten. Der von RTL zur Verfügung gestellte Apotheker Stephan Torke versucht aufzuklären, denn Torke ist Inhaber der Grund-Apotheke im sächsischen Freital und damit mitten im Geschehen. Die Fragen der Bevölkerung sind breit gefächert: Neben Empfehlungen zur Stärkung des Immunsystems wird Rat zur Herstellung von Desinfektionsmitteln im privaten Umfeld eingeholt. Auch die Vorbereitung der Apotheken auf Corona und die derzeitige Liefersituation, sowie Schutzmaßnahmen sind Thema.
Der Apotheker rät von der Desinfektionsmittelherstellung in den eigenen vier Wänden ab: Durch das falsche Mischverhältnis könnte es schnell feuergefährlich werden. „Außerdem kann es auch nach hinten losgehen, wenn man zum Beispiel vergisst, etwas Rückfettendes dazuzugeben. Das trocknet die Hände aus und das Virus hat es dann noch einfacher.“ Fragwürdigerweise stellt RTL unter der Erklärung des Fachmanns dennoch eine Do-it-yourself-Anleitung für ein Desinfektionsgel zur Verfügung – immerhin mit dem Vermerk „Halten Sie sich an die angegeben Mischungsverhältnisse und denken Sie an das feuchtigkeitsspendende Aloe-Vera-Gel.“
Das Thema Lieferengpässe ist natürlich auch dem Apotheker nicht fremd: „Lieferengpässe hatten wir vorher schon, unabhängig von der jetzigen Krise“, erklärt er. Die weitere Entwicklung lasse sich nur schwer abschätzen. „Engpässe gibt es bei blutdrucksenkenden Mitteln, solchen für die Schilddrüse, gegen Epilepsie... Querbeet. Momentan ist es echt nicht mehr lustig.“ Wichtig sei daher, sich frühzeitig beim Arzt um ein neues Rezept zu bemühen, um einen Zeitpuffer zu schaffen, in dem die Apotheke handeln kann. „Also nicht erst, wenn die Tabletten leer sind“, erklärt er. Bei der Versorgung würden die Apotheken mittlerweile kreativ, um die Versorgung zu gewährleisten: Neben Absprachen zwischen einzelnen Apotheken, die sich gegenseitig aushelfen, macht er auch auf Absprachen mit dem Arzt bezüglich einer Wirkstoffumstellung aufmerksam. „Geduld ist wichtig, damit wir helfen können.“
Vor allem in Bezug auf Ibuprofen herrscht aktuell große Unsicherheit. „Warum wird gewarnt und was ist dran?“, wird der Apotheker unter anderem gefragt. „Man weiß es nicht genau, aber es gibt die Überlegung, ob die blutverdünnende Wirkung von Ibuprofen die Zellzerstörung begünstigt oder verstärkt“, erklärt er. Dennoch: „Vorsichtig zu agieren ist sinnvoll, aber man muss jetzt auch nicht voreilig alles absetzen.“ Zurzeit empfiehlt der Apotheker in der Selbstmedikation eher zu Paracetamol zu greifen. „Wenn das Ibuprofen ärztlich verordnet ist, sollte man mit seinem Arzt sprechen und die Entwicklung beobachten.“
Klare Empfehlungen für das Immunsystem gibt es auf Nachfrage nicht: „Eine gesunde Lebensweise und Ernährung hilft natürlich immer. Für Ergänzungsmittel, die das Immunsystem stärken, kann ich jetzt keine generelle Empfehlung geben, aber es schadet jetzt auch nicht.“ Schließlich helfe es auch der Psyche, wenn man etwas unterstützendes einnehme. Die Schutzmaßnahmen hält der Apotheker für sinnvoll: „In unserer Apotheke gibt es jetzt eine Glasscheibe mit einem Spalt unten. Ähnlich wie bei Ticketschaltern.“ Dies würde sich seiner Meinung nach auch für Supermärkte oder Tankstellen eignen. „Das ersetzt zwar nicht das Händewaschen oder Reinigen, aber man ist besser geschützt vor Tröpfchen, die beim Sprechen, Husten oder Niesen sonst übertragen werden könnten.“
Dennoch kritisiert er die Kommunikation der Regierung: „Ich würde mir wünschen, dass man die Bevölkerung etwas anders mitnehmen würde.“ Manchmal würden Begriffe fallen, mit denen nicht alle etwas anfangen können. Vor allem die ältere Generation zähle aber zu den Risikogruppen und müsse entsprechend aufgeklärt werden. „Man wird nicht jeden erreichen, aber es wäre wünschenswert und hilfreich, wenn alle aufeinander achten.“
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