Frauen leiden, wenn sie eine Grippe haben. Männer sterben. So lautet zumindest das Klischee. Seit Langem kommt deshalb immer wieder die Frage auf, ob es das Phänomen Männergrippe wirklich gibt und falls ja, was dahintersteckt. Das RTL-Regionalprogramm für die Metropolregion Rhein-Neckar RON TV ist der Frage nachgegangen und hat sich dazu fachkundige Hilfe ins Studio geholt: Apothekerin Tatjana Zambo, Vizepräsidentin des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg.
Genetik, Immunsystem, Hormonstatus – schon so einige Erklärungen wurden ins Feld geführt, um zu begründen, dass eine einfache Grippe auf viele Männer eher wie Ebola im Endstadium wirkt. „Wenn man das weiterspinnt, müsste es dann aber von jeder Krankheit eine männliche und eine weibliche Variante geben“, gibt Zambo im Studio zu bedenken. „Gibt es aber nicht. Deshalb denke ich, es ist eher die Verarbeitung, die da anders läuft.“ Sie gehe davon aus, das Phänomen Männergrippe sei „einfach aus der Wahrnehmung entstanden, dass Männer mit einer Grippe anders umgehen, sie anders verarbeiten und sich anders äußern“.
Medizinisch bestehe zumindest kein Unterschied, betont Zambo. Das klang kurz zuvor noch ein wenig anders: Im eingespielten Beitrag vor dem Interview kommt die Heilpraktikerin Lucinde Hutzenlaub zu Wort. Gemeinsam mit der Ärztin Dr. Anna Herzog hat sie der Männergrippe ein ganzes Buch gewidmet, das kürzlich erschienen ist.
Hutzenlaub glaubt zumindest, dass Männer schneller und schwerer krank werden. „Das Immunsystem lässt bei denen Infekte schneller durch, während wir Frauen da einfach so ein bisschen resistenter sind“, sagte sie dem Sender. „Das hat etwas damit zu tun, dass unser Körper dafür gemacht ist, ungeborenes Leben zu schützen und für die Langstrecke die Kinder besser zu beschützen.“
Allerdings sei es auch das Verhalten, das das begünstigt. „Hände waschen, Gemüse essen oder Spaziergänge an der frischen Luft sind eher ein Frauending. Das heißt, wir sind auch in der Prävention besser aufgestellt, wir achten besser auf uns.“ Auch Zambo gibt dem stereotypen männlichen Verhalten eine Mitschuld: „Statistisch gesehen waschen sich Männer nicht so oft die Hände wie Frauen. Denen ist nicht bewusst, wo wir überall Keime haben. Männer lassen sich auch nicht so häufig impfen, ernähren sich vielleicht auch nicht ganz so gesund.“
Zum Geschlechterbashing artet der Beitrag trotzdem nicht aus. Hutzenlaub betont, dass sich Frauen umgekehrt auch etwas von den Männern abschauen können. „Denn die legen sich einfach ein paar Tage ins Bett und sind danach fit. Wir Frauen machen einfach weiter und uns haut es dann im Zweifel auch mal so richtig rein. So schlecht ist die Männergrippe also gar nicht.“ Umgekehrt rät Zambo den gestressten Partnerinnen aber auch zu Empathie. „Prinzipiell sollte man eine Grippe nicht herunterspielen. Ich denke es ist hilfreich, den Partner in dem Moment ernst zu nehmen und auch zu schauen, zu ermutigen, zu ermahnen, dass er zwei, drei Tage im Bett bleibt, wenn nötig auch länger, denn das muss abheilen.“
Und da dabei vor allem die richtigen Mittelchen helfen, geht es also ab in die Apotheke. „Witzigerweise kommen zu uns vor allem die Frauen und sagen ‚Oh, mein Mann ist krank zuhause‘“, erklärt Zambo im Studio. „Wir beraten dann auch und haben viele gute Präparate, die dem Mann helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Wenn es zu lange geht, sollte man auch einen Arzt aufsuchen, aber ein liebevoll gekochter Tee und liebe Worte helfen sicherlich, wie bei allem im Leben.“
Schafft es der leidende Herr dann doch höchstselbst in die Offizin, seien dann aber doch Unterschiede auszumachen – es könne ihnen nämlich nicht schnell genug gehen. „Ein Mann wird nicht so häufig nach Homöopathie fragen, der möchte nicht so gerne Tee trinken, der möchte einfach ganz schnell fit werden“, berichtet sie.
Der Wunsch der meisten Männer: „Einmal die Keule drüber und schnell wieder raus aus dem Bett.“ Gegenüber APOTHEKE ADHOC wird sie noch spezifischer: „Tendenziell lassen sich Frauen eher auf eine Empfehlung ein als Männer. Wenn ich zum Beispiel fünf verschiedene Präparate gegen verschiedene Symptome vorschlage, dann sagen Männer oft, dass sie nicht mehr als zwei nehmen würden.“
Damit selbst diese zwei erst gar nicht nötig werden, empfiehlt Zambo allerdings noch, worauf man im Alltagsleben achten sollte. „All das, was man für sein Immunsystem tun sollte, um generell nicht krank zu werden, ist auch bei der Männergrippe hilfreich: viel Bewegung oder mal ein Saunagang helfen“, rät sie männlichen Gesundheitsmuffeln. „Es gibt auch Immunsystem stärkende Präparate, die wir in der Apotheke haben.“
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