Einem schon sehr in die Jahre gekommenen Einkaufszentrum in Weinheim wurde eine Rundumerneuerung verpasst. Auch die fast 35 Jahre alte Apotheke freut sich über ihren zweiten Frühling.
Die Multzentrum-Apotheke ist genau so alt wie die namensgebende Shoppingmeile, benannt nach dem Weinheimer Stadtteil, der Mult. Beide öffneten vor fast 35 Jahren, am 2. Dezember 1982, ihre Pforten. Nur durch Zufall sei er an seinen Betrieb gekommen, erzählt Dr. Heribert Weber-Kühn. „Der Besitzer der Apotheke, in der ein mein Praktikum gemacht habe, hatte sich für die Räume beworben, konnte selbst die Option dann aber doch nicht wahrnehmen.“ Er habe noch gar nicht an Selbstständigkeit gedacht, doch die Chance mit beiden Händen ergriffen. „Ich hatte gerade meine Promotion beendet, für mich kam das genau zum richtigen Zeitpunkt.“
Gemeinsam mit einer erfahreneren Kollegin stürzte sich der damals 30-Jährige kopfüber in das Wagnis der ersten eigenen Apotheke. „Sie ist bis heute auch meine einzige und wird meine letzte bleiben“, betont er. Den Schritt habe er bislang nicht bereut. Der Beruf habe allerdings im Laufe der vielen Jahre sehr sein Gesicht verändert. „Unsere Kompetenz wird heute noch mehr gefordert als vor 20 Jahren. Das Vertrauen in unsere Arbeit im Alltag zu bestätigen, sehe ich als meine tägliche Herausforderung.“
In Zeiten der zunehmenden Konkurrenz aus dem Internet habe seine Apotheke eine klare Position bezogen. „Wir sind nie auf der Discountwelle mitgeschwommen“, betont Weber-Kühn. „Wenn unsere Kollegen den Preis etwa für Voltaren völlig ruinieren, sind wir daran nicht beteiligt.“ Die Dienstleistung in der Vor-Ort-Apotheke sollte den Kunden etwas wert sein, findet er. „Wir versuchen ihnen zu vermitteln, dass es sich lohnt, eine Stammapotheke zu haben, die danach schaut, ob alle Medikamente zueinander passen. Das gibt Sicherheit und verbessert die Compliance.“
Nicht nur im Beruf, auch im Einkaufszentrum und in der Umgebung habe sich in den letzten 35 Jahren viel getan. „Früher gab es 30 inhabergeführte Einzelhandelsgeschäfte, heute finden sich fast nur noch Shops von Ketten, selbst der Zeitschriftenladen ist eine Filiale.“ Die Stadt ist gewachsen. 45.000 Einwohner zählt das unweit von Heidelberg und Mannheim gelegene Weinheim heute. „Der westliche Teil, in dem wir unsere Apotheke haben, zählt etwa 20.000 Einwohner. Hier gibt es vier Apotheken, eine davon ist meine“, sagt Weber-Kühn. „Es sind neue Wohngebiete entstanden.“ Potenziell hätten damit auch viele Neukunden ihren Weg in die Offizin finden können. „Aber das Einkaufszentrum ist in den letzten acht Jahren dahin gegammelt, das hat uns nicht geholfen. Wir konnten uns dennoch gut halten.“
Ein Jahr dauerte die Räumungs- und Sanierungsphase. Die Multzentrum-Apotheke hielt in einem aus 15 Containern zusammengestellten „Apotainer“ auf dem Parkplatz tapfer ihre Stellung. Die Zeit dort sei weniger beschwerlich gewesen als gedacht, so Weber-Kühn. „Wir hatten etwa 200 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. Die Offizin war etwas kleiner und enger und verströmte Wohnzimmeratmosphäre. Dafür gab es erstmals nach allen Seiten Fenster und damit Tageslicht, die Kunden haben es genossen.“ Der Umsatz sei allerdings zurückgegangen: „Mangels Supermarkt und weiterer typischer Einkaufsmöglichkeiten ist die Laufkundschaft weggeblieben“, berichtet Weber-Kühn. „Aber wir haben Patienten mit einem hohen Rx-Anteil.“
Nur in den letzten drei Wochen vor der Wiedereröffnung habe man den Betrieb einstellen müssen. „Mir wurde ganz kurzfristig mitgeteilt, dass die Stellplätze vorbereitet werden müssen. Das hat aber gerade mal eine Woche gedauert, was uns unnötigen Stress beschert hat.“ Doch die runderneuerte Apotheke mache allen Ärger wieder wett: „Wenn man immer nur Kleinigkeiten ändert, wird man betriebsblind dafür, wie durcheinander sie aussieht“, räumt er ein. „Die neue Einrichtung ist einheitlicher, und auch die Sichtwahl ist übersichtlicher.“
Auch die Kunden freuten sich wahrnehmbar, berichtet Weber-Kühn. „Manche hielten ihr Rezept eine Woche lang zurück, um es zur Eröffnung in unseren neuen Räumen einzulösen. Eine Kundin hat uns einen Strauß mit roten Rosen zukommen lassen, für jeden Mitarbeiter eine. Die Wertschätzung für uns und unsere Arbeit hat mich sehr berührt.“ Auch das 20-köpfige Team sei froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. „Einige von ihnen sind schon mehr als 20 Jahre dabei, die wollen gar nicht gehen.“
Trotz der Einbußen durch den Umbau stehe die Apotheke auf gesunden finanziellen Füßen. „Mit dem neuen Einkaufszentrum gewinnen wir gerade auch die Laufkundschaft zurück“, hat Weber-Kühn festgestellt.
Das könnte die Suche nach einem Nachfolger erleichtern. „Seit ich 50 bin, beschäftige ich mich damit“, bekundet der heute 65-Jährige. „Aber die Frage habe ich erst mal zurückgestellt. Jetzt will ich es genießen, dass ich in neuen Räumen bin und alles wieder in geregelten Bahnen läuft.“
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