Drei Jahre lang hat Dr. Ralph Bültmann neben seiner Bergischen Apotheke in Radevormwald ein Sanitätshaus betrieben. Aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen wollte der Apotheker das Geschäft vor einem Jahr an einen Fachmann abgeben. Doch die Übernahme ging schief. Seitdem konnte man in der Kleinstadt keine Sanitätshausartikel mehr kaufen. Um die Versorgungslücke zu schließen, nahm Bültmann die Herausforderung an und eröffnete sein Sanitätshaus wieder.
Als untragbar bezeichnet Bültmann den Umstand, dass in der Kleinstadt fast ein Jahr lang keinerlei Sanitätshausartikel und -Dienstleistungen angeboten wurden. Seit zwei Wochen füllt der Apotheker diese Versorgungslücke. In einem Geschäftsrraum, der an seine Apotheke angeschlossen ist, bietet er eine Grundversorgung mit jenen Artikeln an, die vor allem ältere Menschen oft benötigen. Das seien etwa Inkontinenzprodukte, Kompressionsstrümpfe oder Bandagen, Dinge des täglichen Lebens für die Betroffenen. „In den vergangenen Monaten kamen sehr viele Kunden zu mir, die sehr traurig darüber waren, dass es in Radevormwald kein Sanitätshaus mehr gibt und sie in den Nachbarort fahren müssen“, berichtet er. Irgendwann einmal sei der Punkt erreicht gewesen, an dem er beschloss, wieder die Verantwortung für die Versorgung der Menschen zu übernehmen.
Denn für Bültmann und sein Team ist der Verkauf von Sanitätshausartikeln nicht neu. Bis vor etwa einem Jahr führte er das Sanitätshaus neben seiner Apotheke, das er wiederum drei Jahre zuvor von einem Unternehmen übernommen hatte, als dieses sich aus Radevormwald zurückzog. Doch mit der Zeit habe er gemerkt, berichtet der Apotheker, dass ein solches Geschäft sich nicht nebenbei betreiben lasse. „Bei Hilfsmitteln gilt eigentlich das Motto: Ganz oder gar nicht“, ist er überzeugt.
Auch fachlich ist ein Apotheker aus seiner Sicht nicht ausreichend qualifiziert. Denn neben der Versorgung mit Kompressionsstrümpfen und Inkontinenzprodukten, die in vielen Apotheken als Dienstleistung angeboten werden, komme man in diesem Bereich ganz schnell bei hoch spezialisierten Leistungen aus der Orthopädie an. Aber auch Brustprothetik, häusliche Pflege mit Pflegebetten oder Rollstühle seien immer wieder ein Thema. „Das kann ein Apotheker rein fachlich nicht leisten und muss dafür qualifiziertes Personal einstellen“, erklärt Bültmann. Das habe er auch damals gemacht und einen Orthopädiemeister in Vollzeit eingestellt. Doch wirtschaftlich sei das ein zu großer Aufwand gewesen, der sich nicht gerechnet hat, auch wenn das Sanitätshaus unter dem Strich schwarze Zahlen schrieb.
Deshalb entschied sich der Apotheker vor rund einem Jahr, das Geschäft langfristig in die Hände eines Fachmanns abzugeben. Es gab Verhandlungen mit einem Anbieter aus Remscheid-Lennep. „Das ist dann leider gewaltig schief gegangen“, berichtet der Apotheker. Aus der Geschäftsübergabe wurde nichts. Der übernahmewillige Unternehmer soll bereits die Einrichtung bestellt haben. Auch Umbaumaßnahmen an der möglichen Schnittstelle von Apotheke und Sanitätshaus wurden bereits durchgeführt. Doch am Ende gab es offenbar Unstimmigkeiten mit dem Vermieter der Räumlichkeiten. Während der Unternehmer darauf bestand einen gültigen Mietvertag zu haben, sah der Eigentümer des Hauses das anders. Es habe zwar ein Angebot an den Unternehmer, das Ladenlokal zu mieten, gegeben. Beim Quadratmeterpreis für die Miete habe es aber keine Einigung gegeben. Trotz Vermittlungsversuchen des Bürgermeisters konnten sich die Parteien nicht einigen.
Am Ende standen die Rader ohne ein Sanitätshaus da. Die Betroffenen mussten ihre Verordnungen für Heil- und Hilfsmittel in den Nachbarstädten einlösen. „Deshalb mache ich nun die Rolle rückwärts“, sagt Bültmann. „Für mich ist die oberste Priorität, dass die Leute versorgt werden.“
Das Ziel sei es, dass die Menschen wieder den vollen Leistungsumfang eines modernen Sanitätshauses erhalten. Für Verordnungen von komplexeren orthopädischen Hilfsmitteln, Rollatoren, Pflegebetten, Sauerstoff und anderem Zubehör, das für die Pflege zu Hause notwendig ist, wird künftig an zwei Vormittagen in der Woche – jeweils montags und freitags – eine Orthopädietechnikerin als Ansprechpartnerin für Kunden in der Bergischen Apotheke bereit stehen. Diesmal auf Minijob-Basis. Damit soll der finanzielle Aufwand für Fachpersonal im vertretbaren Rahmen gehalten werden.
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