Rezeptfälscherin muss für fast drei Jahre hinter Gitter APOTHEKE ADHOC, 03.11.2020 14:04 Uhr
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil gegen eine ehemalige Realschullehrerin wegen Rezeptfälschung in über 100 Fällen bestätigt: Weil sich Gisela O. durch falsche Verordnungen über 900.000 Euro erschlichen hat, um sich einen luxuriösen Lebensstil zu ermöglichen, muss sie für zwei Jahre und zehn Monate hinter Gitter. Der Fall lag schon zum zweiten Mal beim BGH. Gegen das erste Urteil hatte sich O. erfolgreich gewehrt – und wurde dann zu einer noch höheren Strafe verurteilt. Gegen die legte sie erneut Revision ein, diesmal jedoch ohne Erfolg.
Der Rechtsstreit um die ehemalige Lehrerin Gisela O. hat nach über zwei Jahren ein Ende gefunden. Das Urteil ist nun rechtskräftig, die 68-Jährige muss wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 112 Fällen fast drei Jahre hinter Gitter. Bereits im November 2018 hatte sie das Landgericht Osnabrück zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Doch O. ging erfolgreich in Revision, der BGH hob das Urteil mit Blick auf das Strafmaß auf, denn aus seiner Sicht war noch näher zu prüfen, ob der Angeklagten eine besondere Strafmilderung zugutekommen musste, weil sie der Verwertung großer Teile ihres privaten Vermögens noch im Ermittlungsverfahren zugestimmt hatte. Unter anderem ließ sie ihr Einfamilienhaus versteigern, um die Summe in die Schadenswiedergutmachung einzubringen. So konnte bereits im Ermittlungsverfahren ein Betrag von rund 700.000 Euro generiert werden, der für die Schadenswiedergutmachung zur Verfügung steht.
Also wurde in Osnabrück erneut verhandelt. Im Juni entschied die 25. Große Strafkammer des Landgerichts, dass auch unter Berücksichtigung der vom BGH hervorgehobenen Aspekte eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten Tat und Schuld angemessen sei. Die Strafe fiel damit sogar einen Monat höher aus als im ersten Urteil. Hintergrund war, dass die Angeklagte zwischenzeitlich vom Amtsgericht Osnabrück wegen eines Straßenverkehrsdelikts verurteilt worden war. Die Einbeziehung der Strafe aus diesem Urteil führte zu der im Ergebnis höheren Gesamtstrafe.
O. ging erneut in Revision, hatte diesmal jedoch keinen Erfolg. Nach Auffassung des BGH weist das Urteil des Landgerichts keine Rechtsfehler zulasten der Angeklagten auf – er bestätigte es. Das Urteil ist damit rechtskräftig. Neben der Freiheitsstrafe wird bei der Angeklagten ein Betrag in Höhe des Wertes des erlangten Geldes in Höhe von 903.558,30 Euro eingezogen.
Die ehemalige Lehrerin stand vor Gericht, weil sie fast fünf Jahre lang auf erschreckend einfache Weise Rezepte gefälscht hatte: Mit einer Nagelschere, einem Apothekenstempel und einem Farbdrucker hatte sie die Verordnungen manipuliert, dass jeweils eine größere Menge an Medikamenten auf ihnen stand, als tatsächlich verschrieben worden waren. Wegen einer Darmerkrankung soll die Frau bei unterschiedlichen Ärzten in Behandlung gewesen sein, die ihr ein teures Medikament tatsächlich regelmäßig verschrieben hatten. Die Originalrezepte löste sie jedoch nicht in einer Apotheke ein, sondern bearbeitete sie so, dass der Eindruck erweckt wurde, die jeweiligen Medikamente seien nicht nur einmal, sondern bis zu zehnmal verordnet, von der Apotheke ausgehändigt und von ihr bezahlt worden.
Dazu hatte sie zunächst den Stempelaufdruck einer Apotheke mithilfe eines Farbkopierers freigestellt und auf ein Blankoblatt kopiert. Von den Originalrezepten hatte sie mit einer Nagelschere Zahlen ausgeschnitten, die sie dann auf andere Rezepte klebte. Per Hand fügte sie Pharmazentralnummern und die Berechnung des Gesamtpreises hinzu. Die gefälschten Rechnungen kopierte sie anschließend auf das Blankopapier mit dem Apothekenstempel, sodass die Kopie wie eine ärztliche Verordnung mit Quittung der Apotheke aussah.
Daraufhin reichte sie die Fälschungen bei der Beihilfestelle des Landes Niedersachsen ein, die bei Beamten einen Teil der Kosten für Heilbehandlungen trägt, und erhielt so Erstattungen für Medikamente, die sie tatsächlich weder bezahlt noch erhalten hatte. Mit dem zusätzlichen Gehalt von rund 17.000 Euro im Monat unterstützte sie nach eigenen Angaben ihre drei Kinder und finanzierte ihren hohen Lebensstandard und ausgiebige Shoppingtouren. Als im Zuge der Ermittlungen ihr Haus durchsucht wurde, fand man Unmengen an Luxushandtaschen, Schmuck, Lederjacken und Pelzmänteln. Laut Gericht lag allerdings kein Fall einer krankhaften Kaufsucht vor.