Aktuell tauchen wieder vermehrt Rezeptfälschungen auf: Mit täuschend echt gestalteten Muster-16-Formularen versuchen Kriminelle, Ozempic zu ergaunern. Meist soll es sich dabei um telefonische Vorbestellungen handeln, die dann von russischsprachigen Patienten abgeholt werden. „Uns kam die Entfernung der auf dem Rezept angegeben Arztpraxis zur Apotheke komisch vor. Zudem war auch das Verhalten des Patienten merkwürdig“, berichtet Oliver Liers von der Dahlien-Apotheke in Bad Neuenahr. Es sei zudem nicht die erste Fälschung gewesen.
Das Papierrezept sieht Liers zufolge täuschend echt aus: „Es wurde zweimal Ozempic 1 mg Pen 3 Stück verordnet“, so der Apotheker. Bevor das Formular bei Abholung in der rheinland-pfälzischen Apotheke vorgelegt wurde, hatte eine Frau das Medikament vorbestellt: „Sie erkundigte sich, ob wir Ozempic an Lager hätten“, so Liers. Da das Arzneimittel momentan immer noch von Engpässen betroffen ist, verneinte der Apotheker: „Ich sagte, wir müssten es erst versuchen zu bestellen.“
Als dann kurze Zeit später ein Mann die Apotheke betrat und sich als Russisch sprechend ausgab, wurde eine Kollegin skeptisch: „Das ganze Verhalten des Mannes war suspekt. Er hantierte mit dem Handy herum und gab uns zu verstehen, dass er Ozempic vorbestellt hätte und es nun abholen wollte“, so der Apotheker. Die Kollegin zeigte Liers daraufhin das Rezept: „Sie sprach die merkwürdige Dosierung an, mir fiel gleich die Entfernung auf“, berichtet er. Denn: „Die Arztpraxis ist etwa 300 Kilometer von uns entfernt, wie ich nach kurzer Recherche feststellte.“ Zur Dosierung: „Ozempic einmal täglich zu verabreichen, wäre deutlich überdosiert.“
Um den Fälscher hinzuhalten, sagte die Angestellte dem Patienten, es sei gerade eine Lieferung vom Großhandel gekommen: „Sie gab vor, nach dem Medikament in der Lieferung zu suchen. In der Zeit rief ich die Arztpraxis an.“ Der Anruf genügte, um die Fälschung zu belegen: „Es wurde mir bestätigt, dass die Praxis das Rezept nicht ausgestellt hat und der Patient zudem unbekannt war“, so Liers. Gleich im Anschluss rief er die Polizei.
„Die Polizei hatte in den vergangenen Tagen wohl auch schon mehrere Anrufe zu Fälschungsverdacht. Sie versicherten mir, eine Streife loszuschicken“, so der Apotheker. Der Vorgang schien dem Patienten zu lange zu dauern: „Er ging ganz langsam zur Tür und verschwand nach draußen“, berichtet Liers. „Ich bin ihm nachgegangen und konnte beobachten, wie er sich keine 50 Meter weiter ganz ohne Hektik in sein Auto setze. Er verweilte ein paar Minuten, bevor er langsam losfuhr“, so der Apotheker.
Trotz detaillierter Hinweise zum Auto und Profil des Täters konnte die kurze Zeit später eintreffende Streife den Mann nicht mehr auffinden. „Das scheint eine richtige Bande an Fälschern zu sein. Auch wenn Ozempic momentan nicht lieferbar ist, klappern die genug Apotheken ab, haben sie vielleicht doch irgendwann Glück“, so Liers. Das Fatale: „Die Fälschungen werden immer besser und sind schwer von Originalen zu unterscheiden.“
Der Apotheker spricht aus Erfahrung: „Wir hatten erst im vergangenen Jahr eine Fälschung zu einem ähnlichen Arzneimittel, die wir erst nicht erkannt haben. Das Medikament wurde bestellt, aber dann doch nicht abgeholt“, berichtet Liers. Erst dann habe die Kollegin nochmal nachgeforscht: „Es handelte sich um eine Fälschung, die täuschend echt aussah.“ Daraufhin wurden alle Mitarbeiter:innen sensibilisiert die Augen offenzuhalten: „Das hat uns in diesem Fall geholfen.“
APOTHEKE ADHOC Debatte