Patientenakte geändert

Rezeptdatum manipuliert – fristlose Kündigung

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Berlin -

Der Umgang mit Patientendaten bringt für Mitarbeitende in Praxen, Kliniken und Apotheken eine besondere Verantwortung mit sich – die sich auch arbeitsrechtlich niederschlagen kann. Das Thüringer Landesarbeitsgericht erklärte jetzt in zweiter Instanz eine fristlose Kündigung für rechtens, die wegen einer heimlichen Änderung in der Patientenakte ausgesprochen worden war.

In einer Hautarztpraxis in Gera kam es kurz vor Weihnachten 2022 zum Streit zwischen der Inhaberin und einer Mitarbeiterin. Die Ärztin hatte einer Patientin auf telefonische Nachfrage eine Heilmittelverordnung über Lymphdrainage ausgestellt, die von der Praxishelferin zur Post gebracht werden sollte. Das war an einem Mittwoch. Als der Briefumschlag am Freitag immer noch in der Praxis lag, forderte die Ärztin ihre Angestellte auf, ihn nach Dienstende auf dem Heimweg in die Post zu geben.

Doch am Montag wurde sie von einer weiteren Angestellten darauf aufmerksam gemacht, dass der Brief immer noch im Einkaufskorb der Kollegin lag. Die behauptete zwar, dass sie ihn am Freitag eingeworfen habe. Aber am Nachmittag schaute die Ärztin selber nach und entdeckte den Brief tatsächlich. Als sie den Umschlag öffnete, fand sie darin das Rezept, das längst bei der Physiotherapie sein sollte. Sie sprach noch am selben Tag eine Abmahnung aus.

Doch damit fing der Ärger erst an. Denn am darauffolgenden Tag wurde feststellt, dass die Verordnung in der elektronischen Patientenakte plötzlich umdatiert worden war. Da die Mitarbeiterin bei einer sofort anberaumten Teambesprechung davon nichts wissen wollte, sprach die Ärztin eine fristlose Kündigung aus.

Wie zuvor schon das Arbeitsgericht Gera sah auch das Landesarbeitsgericht in der heimlichen Änderung der Patientenakte eine „schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung“, die einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen könne.

Die Patientenakte enthalte die für die Behandlung wichtigen Informationen, die dient aber auch der Dokumentation von Behandlungsverläufen und sei unter Umständen als Nachweis im Rahmen von Haftungsfragen bedeutsam. Außerdem sei die Dokumentation für die Abrechnung und bei einem Ärztewechsel von großer Wichtigkeit. „Der Inhalt muss deshalb stimmen.“

Verantwortlich hierfür sei die Ärztin oder der Arzt. „Deshalb gehört es zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des medizinischen Hilfspersonals, Eintragungen in die Patient:innenakte sorgfältig und anweisungs- sowie wahrheitsgemäß vorzunehmen und nachträgliche Änderungen, die nicht den Tatsachen entsprechend zu unterlassen.“

Da sie die Änderungen heimlich vorgenommen habe, um die Vorgänge mit dem Papierrezept zu verschleiern, und ihre Taten bis in die zweite Gerichtsinstanz hinein geleugnet habe, habe sie das in sie gesetzte Vertrauen zerstört. „Dieses Vertrauen wäre durch den Ausspruch einer Abmahnung nicht wieder herstellbar gewesen.“ Weder habe sich die Inhaberin darauf verlassen können, dass ihre frühere Angestellte die Behandlungsdokumentation den Vorschriften entsprechend vornehme, noch dass sie überhaupt ihren Anweisungen folgt.

Erschwerend hinzu komme, dass die Mitarbeiterin als staatlich geprüfte medizinische Dokumentationsassistentin ausgebildet war. „Sie wusste also was sie tat, sie wusste von der Bedeutung dessen und hat trotzdem diese Handlung vorgenommen.“

„Damit fehlt in der Tat eine Voraussetzung das Arbeitsverhältnis im besonders sensiblen Bereich der Patient:innenversorgung fortzuführen. Die Risiken hieraus für die Patient:innen aber auch für die für Fehler haftende Beklagte sind zu hoch.“

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