Im Verbrauchermagazin des rbb (Radio Berlin-Brandenburg), SUPER.MARKT, wurden der Nahrungsergänzungsmittelmarkt und Magnesiumpräparate unter die Lupe genommen. Auch ein Produkt von Hermes erntete ordentlich Kritik.
Nahrungsergänzungsmittel (NEM) zählen rechtlich zu den Lebensmitteln. Laut Britta Schautz von der Verbraucherzentrale sollen „NEM die Nahrung nur ergänzen, wenn es nicht geschafft wird, den normalen Bedarf über die Nahrung aufzunehmen“. In der Regel sei das allerdings möglich. Außerdem würden NEM keiner Kontrolle unterliegen, es gebe keine Höchstmengen für die Inhaltsstoffe und die Herstellung sei günstig. Das Geschäft mit NEM sei daher lukrativ, Hersteller müssten keine Studien nachweisen, lediglich ihr Produkt anmelden.
Auch der Chefarzt des Krankenhauses Berlin Friedrichhain, Professor Martin Loss, kommt in dem Beitrag zu Wort, er halte die Eigentherapie für „fahrlässig“, häufig liege gar keine Mangelerscheinung vor. Außerdem seien die „Effekte nicht wissenschaftlich nachgewiesen“.
Der tägliche Magnesiumbedarf liegt laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bei 250 mg pro Tag, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nennt für Frauen einen Referenzwert von täglich 300 mg Magnesium, für Männer 350 mg. Allerdings werden die Referenzwerte nicht mehr als empfohlene Zufuhr angegeben, sondern sind lediglich ein Schätzwert für eine angemessene Zufuhr. „Die Schätzwerte werden mangels ausreichend belastbarer Studiendaten anhand der durchschnittlichen Magnesiumzufuhr der Bevölkerung abgeleitet“, erklärt die DGE. Derzeit gebe es zudem keinen geeigneten Biomarker für die Bestimmung des Magnesiumstatus.
Viele Magnesium-Präparate überschreiten diese Referenzwerte deutlich, auch in der Apotheke. Kritisiert wird im rbb-Beitrag nur das Produkt Biolectra 400 mg (Hermes): Es sei nicht nur überdosiert, sondern werde auch noch für Schwangere beworben. Dabei sei im Beipackzettel sogar die Tabelle der DGE hinterlegt, der Referenzwert für Schwangere lautet jeweils 310 mg (Schwangere über 19 Jahre) beziehungsweise 350 mg (Schwangere unter 19 Jahre) – es sei also offensichtlich, dass das Produkt ungeeignet für die Zielgruppe sei.
Auf die Nachfrage des rbb zu der Empfehlung des Präparates in der Schwangerschaft antwortete Hermes folgendermaßen: „Magnesium gehört zu den Nährstoffen, die trotz eines Überangebotes an Nahrung und Makronährstoffen häufig zu wenig zu sich genommen werden und welches daher auch als ‚Hidden Hunger‘-Mineral bezeichnet wird. Dieses Phänomen stellt weltweit und auch in Deutschland ein zunehmendes Problem dar. Viele Frauen erreichen schon vor dem Beginn der Schwangerschaft die empfohlene Zufuhr von Magnesium nicht. Während der Schwangerschaft ist dann zusätzlich zu den Bedürfnissen des Wachstums des Fötus und des mütterlichen Gewebesdie erhöhte Magnesiumausscheidung über den Urin ein wesentlicher Grund für einen erhöhten Magnesiumbedarf. Weil Magnesium in Mangel-Situationen zunächst aus den Knochen mobilisiert wird, ist eine ausreichende Versorgung mit dem Mineral für die Aufrechterhaltung der Knochengesundheit der Mutter wichtig. Darüber hinaus hat sich eine adäquate Versorgung mit Magnesium – auch durch Supplementierung – als positiv sowohl für den Verlauf der Schwangerschaft als auch die Säuglingsgesundheit erwiesen. Gleichwohl weisen wir auf unserer Website und den Gebrauchsinformationen darauf hin, dass Nahrungsergänzungsmittel kein Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung und eine gesunde Lebensweise sind."
Alle Passanten, die im Interview mit rbb zu ihrer Magnesiumeinnahme befragt werden, nehmen die Nahrungsergänzungsmittel auf Empfehlung ein, allerdings nicht auf Empfehlung ihres Arztes – entweder wurde darüber gelesen oder Freunde oder Familie sprachen die Empfehlung aus.
Besonders online werden viele Präparate angeboten, laut Verbraucherzentrale auch häufig in Verbindungen mit unzulässigen Aussagen und Gesundheitsversprechen, die den Health Claims EU-Richtlinien widersprechen. Ob bei Amazon oder platziert als Anzeige auf Ratgeber-Websites – es bleibe online, bis es kontrolliert und entdeckt werde. Auch habe online manchmal der verpflichtende Hinweis gefehlt, dass Nahrungsergänzungsmittel kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung sind.
Im EU-Register sind die zulässigen Angaben für Magnesium-Präparate einsehbar:
Magnesium trägt positiv zu bei
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