Es gibt einen neuen Arzneimittelskandal, wieder in Brandenburg. Das Landeskriminalamt durchsuchte am Mittwoch Wohnungen und Firmensitze in Deutschland, Ungarn und der Schweiz. Hintergrund sind Ermittlungen gegen einen Pharmagroßhändler aus Baden-Württemberg.
Im Fokus steht ein Pharmagroßhändler aus Baden-Württemberg, der seit dem Frühjahr 2018 ein bestimmtes Krebsmedikament mit gefälschten Packungen und Beipackzetteln vertrieben haben soll. Noch unklar sei, ob auch die Wirkstoffe der Arzneimittel gefälscht wurden. Laut LKA hat der Originalhersteller bei der Analyse keine signifikanten Abweichung vom Wirkstoffgehalt festgestellt, sodass unklar ist, ob diese auch gefälscht sind.
Die Manipulationen seien erstmals einem Brandenburger Pharmagroßhändler bei der Wareneingangskontrolle aufgefallen, so das Polizeipräsidium. Dieser informierte das zuständige Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG), das umgehend den Vertrieb dieser Charge in Deutschland und Europa stoppte. Die Staatsanwaltschaft Cottbus hat Ermittlungen wegen des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz und gewerbsmäßigen Betrugs aufgenommen.
Zunächst wurde Rechtshilfe beantragt, um in Zusammenarbeit mit den zuständigen Justizbehörden in der Schweiz und in Ungarn tätig werden zu können. Die Maßnahmen im Ausland wurden durch die dort zuständigen Behörden vorgenommen und durch Ermittler des LKA Brandenburg begleitet. Unter der Beteiligung weiterer in- und ausländischer Behörden wurden insgesamt sieben Objekte durchsucht, darunter Wohnungen, Pharmaunternehmen- und -händler, Apotheken und Versandlager. Dabei wurden umfangreiche Unterlagen und elektronische Daten sichergestellt.
Der 37-jährige Geschäftsführer eines ungarischen Pharmaunternehmens wurde als Beschuldigter offenkundig und durch die ungarischen Behörden vernommen. Ferner wurden weitere Zeugen und Beschuldigte vernommen. Im Fokus der Ermittlungen steht auch der 43-jährige Geschäftsführer des Pharmagroßhändlers aus Baden-Württemberg.
Zuletzt hatte in Brandenburg der sogenannte Lunapharm-Skandal für Schlagzeilen gesorgt. Das Unternehmen habe „in Kenntnis der Rechtswidrigkeit zahlreiche Arzneimittel von einer griechischen Apotheke bezogen, die zur Lieferung nicht befugt war“, so das LAVG. Auch auf den Import von Herceptin aus Italien ging die Behörde ein. Das Medikament habe Lunapharm vertrieben, obwohl „alle europäischen Großhändler seit 2014 wüssten oder wissen müssen, dass es auf legalem Weg – nach wie vor – nicht möglich sei, Herceptin aus Italien zu beziehen.“
Im Juni waren Fälschungen des Hepatitis-Medikaments Harvoni (Ledipasvir/Sofosbuvir, Gilead) in der regulären Lieferkette aufgefallen. 23 Packungen waren betroffen. Patienten hatten das Medikament zurück in die Apotheken gebracht, denn zuvor waren die Tabletten immer orange. Gilead rief alle Packungen mit der Chargenbezeichnung 16SFC021D zurück. Die Laboranalysen ergaben keinerlei Abweichungen zum Originalprodukt – 100 Prozent Wirkstoffgehalt. Einziger Unterschied: die Farbe. Die Tabletten waren weiß statt orange, denn die Ware war nicht für den EU-Markt bestimmt.
APOTHEKE ADHOC Debatte