Tee-Rückruf nach „WISO“-Test APOTHEKE ADHOC, 13.02.2017 17:27 Uhr
Wie gefährlich Kindertees sein können, zeigt das ZDF heute um 19:25 Uhr in der Sendung „WISO“ mit dem Beitrag „Krebserregende Stoffe in Bio-Babytees“. Das Verbrauchermagazin ließ Kräuter-Babytees untersuchen. Die Tester bemängelten die Apothekenprodukte – sie enthalten eine zu hohe Konzentration an Pyrrolizidinalkaloiden.
WISO ließ insgesamt 17 Kräutertees für Babys in einem unabhängigen Labor testen. Die Produkte Sidroga Säuglings- und Kindertee sowie H&S „Atme sanft durch“ und „Gutes Bauchgefühl“ kamen aus der Apotheke. Aus dem Lebensmitteleinzelhandel wurden zum Beispiel der Fencheltee von Alnatura und der Bio-Baby-Tee Kräuter von Sonnentor untersucht.
Im Ergebnis seien alle fünf Bio-Produkte auffällig. Sie enthalten die sekundären Pflanzeninhaltsstoffe Pyrrolizidinalkaloide (PA). Die pflanzlichen Gifte können den menschlichen Körper schädigen und stehen im Verdacht, leberschädigend zu sein. Besonders auffällig sei der Tee von Sidroga. Laut WISO erreicht das Produkt den Richtwert, der bei Erwachsenen auf Dauer nicht überschritten werden sollte. „Sidroga hat die belastete Charge nach dem 'WISO'-Test aus dem Handel genommen“, schreibt das ZDF.
Der Tee von Sidroga mit der Charge 5G0282 wurde in der vergangenen Woche auch über die Meldungen der Arzneimittelkommission (AMK) aus den Apotheken zurückgerufen. Hersteller Sidroga, der zur Strathos-Gruppe gehört, gibt in einer Stellungnahme an, den Tee freiwillig und unverzüglich vom Markt genommen zu haben. Der Hersteller habe den Verkauf präventiv gestoppt, Apotheker informiert, einen freiwilligen Rückruf gestartet und chargenspezifische Rückstellmuster erneut untersuchen lassen. Das Ergebnis aus einem führenden, unabhängigen und akkreditiertem Labor sei jedoch unauffällig. Die von der WISO-Redaktion übermittelten Laborergebnisse seien nicht reproduzierbar und somit nicht nachvollziehbar. Fazit des Herstellers: „Eine akute Gefährdung [...] ist nicht gegeben.“
In der Vergangenheit wurden Stilltees untersucht. Auch hier fielen die Apothekenmarken durch. Die PA selbst sind nicht toxisch, für die hepatotoxische Wirkung sind die Abbauprodukte, die auf dem Giftungsweg entstehen, verantwortlich. Durch enzymatische Oxidation entstehen Halbaminale, die durch spontane Dehydratisierung zu Dehydropyrrolizidinen werden. Die Instabilität dieser Verbindung sorgt für eine Reaktion mit Nukleophilen, wie zum Beispiel dem Zellproteinen oder der DNS – schädliche Addukte entstehen. Es entstehen Leberschäden und auf lange Sicht weitere Organschäden. In Tierversuchen konnten eine genotoxische kanzerogene und eine embryotoxische Wirkung festgestellt werden. Für den Nachweis der Giftstoffe eignen sich Dünnschichtchromatographie, HPLC und Gaschromatographie.
Einen Höchstwert für Lebensmittel gibt es rein rechtlich nicht. Für Arzneimittel gilt die Empfehlung maximal ein Mikrogramm PA täglich für maximal sechs Wochen pro Jahr unter einem Mikrogramm liegt keine Anwendungsbeschränkung vor. Eine strikte Kontraindikation gibt es für Schwangere und Stillende.
Korbblüter, Raublattgewächse, Hülsenfrüchtler und Schmetterlinge schützen sich mit den Alkaloiden. Die giftigen Pflanzeninhaltsstoffe gelangen dann durch Beikräuter in Tees oder über den Nektar in den Honig. Bislang sind mehr als 660 verschiedene Verbindungen bekannt und konnten in etwa 350 Pflanzen nachgewiesen werden. Zu den heimischen Pflanzen mit hohem PA-Gehalt zählen Jakobskreuzkraut, Gemeines Kreuzkraut und Natternkopf.