Aspik statt Aspirin, Pulled Pork statt Pan Ophtal, das ist die Devise in der ehemaligen Rats-Apotheke in Oldenburg. Nachdem Inhaber Horst Lube im vergangenen Jahr keinen Nachfolger fand, schloss die Apotheke für immer ihre Pforten. Und feierte quasi Wiederauferstehung als Metzgerei.
„Bauer und Metzger“ heißt die gute alte Rats-Apotheke jetzt. In der Offizin hat man die Wahl zwischen Mittagstisch und Spezialitäten zum Mitnehmen. Jetzt gibt‘s zum Beispiel Hühnerfrikassee mit Reis für 5,90 Euro, die gute alte Gulaschsuppe ist für 4,90 Euro wohlfeil. Der beliebte Pulled Pork-Burger kostet 7,90 Euro.
Die neuen Mieter haben die Offizin ganz schön umgebaut und modernisiert, einen Teil des Interieurs jedoch erhalten. So ergibt sich aus den alten Regalen und neuen Elementen eine harmonische Einrichtung.
Im vergangenen Jahr musste die Rats-Apotheke nach 419 Jahren Betrieb schließen. Sie wurde ein Opfer des Fachkräftemangels. Apotheker Horst Lube wollte mit 65 in den wohlverdienten Ruhestand gehen, suchte lange nach einem Nachfolger. Leider ohne Erfolg. Und weil Lube mittlerweile 69 Jahre alt war, entschied er sich: Schlüssel rumdrehen und Schluss. Damit endeten 419 Jahre Apothekengeschichte.
„Ich habe vier Jahre lang gesucht, Kollegen gefragt, mehrfach Annoncen geschaltet und auch ein Maklerbüro beauftragt. Ich habe wirklich alle Register gezogen“, erzählte Lube, kurz bevor er in den Ruhestand ging. Es gab zwar Interessenten, aber wenn sie die Höhe des Umsatzes hörten, winkten sie ab: „Unser Netto-Jahresumsatz liegt bei 900.000 Euro. Das ist einfach zu wenig, 1,3 Millionen ist wohl die magische Grenze.“
Die Apotheke – und damit auch die Metzgerei – befindet sich in Oldenburgs bester Innenstadt-Lage. Die Apotheke brannte zweimal ab, einmal im Jahr 1476, als durch einen Blitzschlag fast die ganze Stadt abbrannte, das zweite Mal im 18. Jahrhundert. Damals galt als wahrscheinliche Brandursache, dass Lehrlinge gezündelt hatten.
Am 26. Juni 1598 feierte man Eröffnung. Die gute alte Rats-Apotheke gehörte jahrhundertelang zum Bild der Stadt und wurde nach den beiden Katastrophen selbstverständlich wieder aufgebaut. „Es gab insgesamt 17 Inhaber, nur einmal ging der Betrieb vom Vater auf den Sohn über, sonst kamen immer neue Inhaber“, so Lube.
Die Metzgerei finden Kunden nun auf den 150 Quadratmetern der ehemaligen Offizin. Auf der Website ist nachzulesen: „Bei deinem ersten Besuch wird dir sicherlich ein scheinbarer Widerspruch auffallen, denn Ursprungsgedanke und Grundidee von Bauer und Metzger war die Verbindung zweier Welten: Ein topmodernes Erscheinungsbild gepaart mit der bedingungslosen Hingabe zur guten Tradition des Fleischerei-Handwerks."
Und weiter: „Diese Handwerkskunst sollst du nicht nur schmecken, sondern bei uns im Laden auch sehen. Deshalb haben wir die Atmosphäre der alten Apotheke übrigens so weit es ging erhalten, denn schließlich waren unsere Vorgänger ebenso Vorbild: modernste Produkte, Konzepte und Beratung in einem altehrwürdigen Umfeld sind doch ein perfekt harmonisierendes Quartett.“
Und der Apotheker? Der sagte damals, vor über einem Jahr, zum Abschied: „Ich freue mich auf mehr Freizeit, werde aber noch stundenweise als Vertretung arbeiten. Ich möchte einfach gern im Geschehen bleiben.“ Seine Hobbies sind Kajak- und Fahrradfahren und Segeln.
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