Mit falschen Abrechnungen und Verordnungen für Röntgenkontrastmittel sollen sie Krankenkassen um Millionen betrogen haben. Vor dem Landsgericht Hamburg müssen sich heute ein ehemaliger kaufmännischer Geschäftsführer der mittlerweile insolventen Radiologiegesellschaft Hanserad und ein Apothekeninhaber aus Ahrensburg wegen „banden- und gewerbsmäßigen Betrugs“ verantworten. Der dritte Angeklagte, Radiologe und früherer Inhaber von Hanserad, konnte nicht rechtzeitig durch die Arabischen Emirate ausgeliefert werden – das Verfahren gegen ihn wird später stattfinden.
Den Angeklagten wird von der Hamburger Staatsanwaltschaft Abrechnungsbetrug in Verbindung mit Urkundenfälschung in 51 Fällen vorgeworfen. Die Gesellschaft des Radiologen soll zwischen Juli 2011 und November 2012 große Mengen Kontrastmittel bei dem Arzneimittelgroßhandel des 66 Jahre alten Apothekers gekauft und die Mittel in Einzeldosen abgerechnet haben.
Die Gewinne aus dem Mengenrabatt sollen zu 95 Prozent an die inzwischen
insolvente Radiologie-Gesellschaft Hanserad geflossen sein. Der Schaden für die Krankenkassen beträgt nach Angaben der Staatsanwaltschaft 34 Millionen Euro. Die Gesamtschadenshöhe entspreche nicht dem Gewinn aus dem Betrug, erläuterte der Gerichtssprecher. Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass 20 Millionen Euro bei Hanserad angekommen seien, bei dem Apotheker rund 850.000 Euro.
Nach Medienberichten hatten Prüfer der Barmer GEK schon früh Verdacht geschöpft. Die Zahl der verschriebenen und abgerechneten Kontrastmittel und die Zahl der Patienten, die diese erhalten haben sollen, standen in keinem Verhältnis zueinander.
Der angeklagte ehemalige Hanserad-Geschäftsführer wies die Vorwürfe in einer schriftlichen Erklärung vor Gericht zurück. Es habe keinen Tatplan gegeben. Das Geschäftsmodell sei von Rechtsanwälten konzipiert worden. Er sei davon ausgegangen, dass es nicht rechtswidrig sein könne, sagte der 59-Jährige in der von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung. Anwalt Bertram Börner sagte nach der Verhandlung, er erwarte, dass sein Mandant freigesprochen werde.
Der ebenfalls angeklagte Inhaber der Gesellschaft wurde im November vergangenen Jahres in den Vereinigten Arabischen Emiraten festgenommen. Er hatte sich Ende 2012 nach der Insolvenz von Hanserad abgesetzt.
„Die Hamburger Behörden haben ein Auslieferungsersuchen an die Behörden der Vereinigten Arabischen Emirate gestellt“, sagte Oberstaatsanwältin Nana Frombach. Über die Auslieferung sei aber noch nicht entschieden worden. Der 59-jährige Radiologe hatte das Unternehmen aufgebaut und mehrere medizinische Versorgungszentren (MVZ) für Radiologie in Norddeutschland gegründet.
Weil der Geschäftsführer und der Apotheker bereits seit Oktober in Untersuchungshaft sitzen, wurde das Verfahren gegen sie abgetrennt. Sie hätten Anspruch auf ein beschleunigtes Verfahren, hieß es. Folgt das Gericht den Anklägern, drohen ihnen mehrjährige Haftstrafen.
Patienten seien durch den Betrug körperlich nicht zu Schaden gekommen, erklärte Frombach. Die nicht erforderlichen Mengen an Kontrastmitteln seien nur zum Schein verordnet worden. Bei Durchsuchungen fanden die Ermittler „Riesenlager“ der Mittel. Die meist Jod-haltigen Substanzen werden Patienten vor radiologischen Untersuchungen verabreicht, um Blutgefäße, Gallenwege, Magen oder Darm besser sichtbar zu machen.
Zu Hanserad gehörten sieben Standorte in und um Hamburg sowie eine Diagnoseklinik und das Curameda MVZ in München. Das Unternehmen erzielte mit 40 Radiologen und Nuklearmedizinern und etwa 30 Großgeräten (MRT, CT, PET) einen Umsatz von zuletzt 20 Millionen Euro. Der Betrieb wurde von der größten deutschen Radiologengenossenschaft, der Deutschen Radiologienetz AG (DeRaG) übernommen.
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