Apotheker macht Klappendienst

Protesttag: „Wir sind nur noch Sklaven des Systems“

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Berlin -

„Viele Kolleg:innen wollen am 14. Juni schließen. Für mich ist das nicht der richtige Weg“, so die Meinung von Dr. Jozef Dobija und Frau Michaela Lehnhardt Inhaber:innen der Berliner Paul Gerhardt Apotheke. Der Apotheker kann sich nicht vorstellen, am Protesttag die ein oder andere Mutter mit krankem Kind wegzuschicken und bevorzugt deshalb lieber den Mittelweg: „Wir tun so, als hätten wir Notdienst. So kommen wir auch am besten mit den Menschen ins Gespräch.“

Drei große Kinderarztpraxen in unmittelbarer Apothekennähe erschwerten die Situation zu den Lieferengpässen dringend benötigter Antibiotika für die kleinsten Patient:innen zusätzlich: „Wir bekommen im Moment kaum die simpelsten antibiotischen Augentropfen“, so Dobija. „Wenn ich mir vorstelle, am 14. Juni auch die Eltern durch den halben Wedding jagen zu müssen, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Menschen verstehen, warum wir überhaupt protestieren.“

Das ist einer der Hauptgründe, warum sich der Inhaber in Abstimmung mit seinem Team für den Klappendienst entschieden hat. Und nicht nur das: „Ich habe in Eigeninitiative etliche Broschüren drucken lassen und mir Stehtische besorgt. Wir werden an diesem Tag vor der Apotheke aktiv sein und die Menschen aufklären.“ Für Dobija ist dies der einzige Weg, um die Bevölkerung zu informieren.

„Unsere Berufsvertreter sind tot“

„Wir sind seit etwa zwei Wochen aktiv dabei und dekorieren unsere Schaufenster und Gehwegreiter. Die meisten Menschen wussten gar nichts von dem Protest, fragen aber nun aktiv nach. Das ist auch das Ziel – wir wollen Verständnis seitens der Bevölkerung und nicht für weiteren Ärger sorgen, indem wir alle vor verschlossenen Türen stehen lassen.“ Im nahen Umfeld hat der Apotheker das auch genauso kommuniziert und dabei bis auf eine Gegenstimme Zustimmung erhalten.

Von Abda, Deutschem Apothekerverband (DAV) oder auch der Adexa fühlt sich Dobija schlichtweg nicht vertreten: „Man meint, wir leben in einer Demokratie, aber wir sind nur noch Sklaven des Systems. Die Kurve geht nur noch steil nach unten, und solange es die Nullretax gibt, brauchen wir keine Berufsvertreter.“

„Mein neues Hobby sind die Defektlisten“

Die wichtigste Forderung des Inhabers ist deshalb klar der Bürokratieabbau. „Ich habe im Grunde ein neues Hobby. Jeden Morgen beginne ich mit dem Check der Defektliste, um den umliegenden Ärzten Alternativen für nicht lieferbare Medikamente anbieten zu können. Was wir hier in der Apotheke jeden Tag für einen Blödsinn machen müssen, ist unglaublich“, ärgert sich der Inhaber. „Am Ende müssen wir uns dann noch anhören, dass wir horten.“

Lange hat sich Dobija auch mit den BKKs rumgeschlagen: „Immer wieder kamen Retaxen besonders für Hochpreiser. Ich hatte die Nase voll und habe jeden Monat etwa 80 Seiten der nicht lieferbaren Medikamente ausgedruckt und sie sowohl per Fax als auch per Mail an die Kassen geschickt. In meinen Augen ist die Nullretax ein Diebstahl der Kassen.“ Nach einem halben Jahr erhielt der Apotheker dann einen Anruf. Er wurde gebeten, das zu unterlassen. „Seit dem ist Ruhe im Karton – keine Retaxen mehr.“

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