Noch kein Happy-End für Flüchtlingsapotheker Silvia Meixner, 04.07.2017 15:04 Uhr
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Kleine Atempause im Kampf gegen den deutschen Amtsschimmel. Weil dem afghanischen Pharmazeuten Bahir Barna ein Dokument fehlt, durfte er seine Arbeit in der „Bären-Apotheke“ in Erkrath nicht fortsetzen. Nun ist er im Backoffice angestellt und wartet, bis der Amtsschimmel ausgewiehert hat... Foto: Bären-Apotheke Erkrath
Das Netz jubelt – es gibt einen Hoffnungsschimmer für den afghanischen Apotheker Bahir Barna aus der Bären-Apotheke in Erkrath. Nachdem ihm kurz vor der Prüfung die Praktikumserlaubnis entzogen wurde, arbeitet er jetzt im Backoffice. Ein Happy-End ist das noch nicht, aber ein Schritt auf dem Weg dorthin.
Auf Facebook wurde die gute Nachricht vor einigen Tagen geteilt und die Freude seiner Fans ist groß. „Ab 1. Juli ist Herr Barna wieder bei uns angestellt. Die rechtliche Situation im Zusammenhang mit der Anerkennung seines Abschlusses ist leider noch nicht geklärt, aber es ist Bewegung in die Sache gekommen“, schreibt die Apotheke auf Facebook.
„Bis zur Klärung haben wir Herrn Barna eine Anstellung im Backoffice angeboten, die er gerne angenommen hat. Beraten und Arzneimittel abgeben darf er im Moment leider nicht, aber er unterstützt uns beim Wareneingang. Wir freuen uns sehr, ihn wieder an Bord zu haben.“
Die Vorgeschichte: Der Afghane hat in Kabul Pharmazie studiert und wollte, wie viele seiner Berufskollegen, seinen Abschluss in Deutschland anerkennen lassen. Der deutsche Amtsschimmel jedoch wieherte laut, er entzog dem Mann im Juni kurzerhand die Praktikumserlaubnis.
Die Reaktionen der Fans sind einhellig: Über 1300 Personen gefällt das, das Posting wurde in den vergangenen Tagen 74 Mal geteilt. Fast alle posten „Daumen hoch“, wünschen Barna „viel Glück“, „viel Erfolg“ oder „Die Welt braucht mehr Bären-Apotheken“. „Wir freuen uns sehr, aber es ist noch kein Durchbruch“, sagte Apotheker Wolfgang Wittig gegenüber der Rheinischen Post.
Im Juni hatte Wittig gegenüber APOTHEKE ADHOC erklärt: „Wir haben ein Schreiben von der Bezirksregierung erhalten, dass ein Dokument fehlt. Leider ist das Schreiben so formuliert, dass wir es nicht ganz verstanden haben und die Behörde ist nur zweimal in der Woche erreichbar. Wir versuchen jetzt herauszufinden, was genau fehlt und was wir tun können. Offenbar stimmt etwas mit dem Zeugnis aus Kabul nicht, möglicherweise entspricht der Master of Pharmacy nicht unserem deutschen Staatsexamen.“
Er beklagte via Facebook: „Herr Barna hat sich die letzten sieben Monate auf seine Gleichwertigkeitsprüfung zur Anerkennung seines pharmazeutischen Abschlusses der Uni Kabul vorbereitet. Dazu hatte er eine Arbeitserlaubnis von der Bezirksregierung Düsseldorf, um als Apotheker unter Aufsicht arbeiten zu dürfen. Viele von Euch haben erlebt, wie Herr Barna in sehr gutem Deutsch fundiert zu allen Arzneimittelfragen beraten hat. Eigentlich stand der Prüfung nichts mehr im Weg und er hätte in Kürze als Apotheker arbeiten dürfen.“ Nachdem der Apotheker vor einigen Wochen den Fall erzählt hatte, löste er eine Unterstützungswelle und Kommentarflut aus.
Barna ließ nichts unversucht, um in seiner neuen Heimat Deutschland Fuß zu fassen. Als er ankam, sprach der 28-Jährige kein Wort Deutsch. In jeder freien Minute lernte er mit Hilfe seines Smartphones mit Youtube-Videos die fremde Sprache. Viele Menschen halfen ihm dabei, bürokratische Hürden zu überwinden.
Noch immer scheint unklar, welches Dokument dem Mitarbeiter der Bären-Apotheke schlussendlich fehlt. Wittig sagt gegenüber der RP: „Eine Behörde in Berlin soll sich darum kümmern, dass das Dokument aus Kabul neu angefordert wird. Ob das wirklich funktioniert und wie lange das dauert, kann uns leider immer noch niemand sagen.“ Die Unterstützung in den sozialen Netzen tut dem Afghanen vermutlich gut. Viele Fans hoffen, dass er eines Tages als Apotheker arbeiten kann.
Für Wittig ist die Aktion um seinen Mitarbeiter jedenfalls positive PR, die er gut gebrauchen kann. Kürzlich machte er in der Branche dadurch von sich reden, dass er in seiner Apotheke in Ratingen Kunden versprach, als Gegenleistung für die Abgabe eines Rezeptes eine Werkzeugbox zu erhalten. Seit dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober wachen die Kammern akribisch darüber, dass die Preisbindung für Arzneimittel im Inland hält. Trotz aller Appelle an die Solidarität der Apotheker und damit verbundener Mahnungen gibt es Rx-Preisbrecher.