Prävention: Der Coach von nebenan Patrick Hollstein, 14.10.2014 19:20 Uhr
Ein von der Baden-Württemberg Stiftung gefördertes Präventionsprojekt an Schulen und eine Lebensmittel-Roadshow einer Rentnerin aus Sachsen – unterschiedlicher könnten die Preisträger der Stiftung Rufzeichen Gesundheit! kaum sein. Beiden Ansätzen gemeinsam ist die Grundidee: Prävention funktioniert am besten, wenn sie auf Augenhöhe vermittelt wird.
Den mit 25.000 Euro dotierten Gesundheitspreis erhielt das Projekt „Komm mit in das gesunde Boot“ des Universitätsklinikums Ulm. Seit 2006 gehen die Experten um den Sportmediziner und Kardiologen Professor Dr. Jürgen M. Steinacker an Grundschulen, um Kinder zu einem gesunden Lebensstil zu erziehen.
„Wer selbst Kinder hat, der weiß, wie wichtig Überzeugung ist. Nur wenn sie ihr Verhalten selbst ändern wollen, werden wir mit unserem Konzept erfolgreich sein“, sagte Steinacker bei der Preisverleihung in Baierbrunn. Die Mediziner und Psychologen setzen dabei auf Coaching auf Augenhöhe: Steinacker und sein Team stellen Material zur Verfügung, das Konzept wird dann von den Lehrern gemeinsam mit den Schülern umgesetzt. „Peer to peer“, beschreibt Steinacker den Ansatz, dessen Erfolge er auch wissenschaftlich auswertet.
55.000 Kinder in knapp 700 Klassen und 650 Schulen sind mit dem Projekt bereits erreicht worden, 2000 Lehrer sind beteiligt. Für die große Resonanz hat Steinacker eine einfache Erklärung: „Die Lehrer sind stolz, besser als ihre Kollegen zu sein.“ Bei den Kindern funktioniere das Konzept über Belohnungssysteme. Auch die Familien werden auf diese Weise eingebunden, etwa wenn die Kinder einen Spaziergang oder einen fernsehfreien Tag für die ganze Familie durchsetzen.
Aus dem sächsischen Lauta bei Hoyerswerda kam ein Konzept, das der Jury einen mit 2500 Euro dotierten Sonderpreis wert war: Inge Köhler und ihre Mitstreiterinnen gehen seit sechs Jahren in Kindergärten, Schulen, Vereine und Altenheime, wo sie „von Verbraucher zu Verbraucher“ über ungesunde Inhaltsstoffe in industriell hergestellten Lebensmitteln und Alternativen sprechen. Die Expertise holen sich die Frauen etwa bei Ärzten oder Apothekern.
In der Regel reisen die Frauen vom Projekt „Lebensfreude“ mit einem Koffer an, in dem sie gängige Produkte aus dem Supermarkt dabei haben. „Wenn 75 Würfelzucker neben einer Gummibärchen-Tüte liegen, wird das Ganze viel anschaulicher“, so Köhler.
Wegen ihrer Anschaulichkeit wurden auch zwei journalistische Beiträge ausgezeichnet. Der Medienpreis in der Kategorie Print/Online ging an das Team um Dr. Bernhard Albrecht vom Magazin „Stern“. Vier Mitarbeiter der Verlags hatten sich für den Beitrag „Die Verwandlung“ im Selbstversuch ein Diät-Duell geliefert. In der Kategorie TV/Radio ging der Preis wieder einmal an die Redaktion von „Quarks & Caspers“. In der Sendung mit dem Titel „Kalorien – 7 Dinge, die Sie wissen sollten“ zeigte das Team laut Jury, wie spannend Kalorienforschung sein kann. Der Medienpreis ist mit jeweils 12.500 Euro dotiert.
Die Stiftung Rufzeichen Gesundheit! vergibt ihre Preise seit neun Jahren für Projekte und Veröffentlichungen, die einen Beitrag zur eigenverantwortlichen Gesundheitsvorsorge leisten. Schwerpunkt ist das metabolische Syndrom.
Seit diesem Jahr steht Dr. Marc Becker an der Spitze der Stiftung, die vom Wort & Bild Verlag gefördert wird. Er erinnerte bei der Preisverleihung an den Gründer des Verlags und Initiator der Stiftung, seinen Großvater Rolf Becker, dessen Lebensleistung und Bewusstsein für soziales Engagement ihm Vorbild sei. Der Laborarzt ist der Neffe von Verlagschef Dr. Hartmut Becker.