Gottesdienst statt Nachtdienst Julia Pradel, 23.03.2014 09:47 Uhr
Haben Apotheker sonntags nicht frei, leisten sie meist Notdienst. Nicht Andreas Strähnz: Der Pharmazeut steht dann oft in der Kirche und predigt. Seit vier Monaten ist er Diakon in der katholischen Gemeinde „Zur Heiligen Familie“ im nordrhein-westfälischen Kleve. Zu Strähnz können die Menschen auch kommen, wenn sie keine Arzneimittel, sondern nur jemanden zum Reden brauchen.
Strähnz wollte schon lange im Zivilberuf als Diakon arbeiten: Sein Plan war, mit der Ausbildung zu beginnen, sobald er das notwendige Alter von 35 Jahren erreicht haben sollte. Nach dem Pharmaziestudium war er erst lange ehrenamtlich in der Apothekerkammer Nordrhein tätig, betreute dort die Abteilung Qualitätsmanagement und war Mitglied im Kammervorstand. „Als ich dann in das Alter kam, in dem ich die Ausbildung hätte beginnen können, hatte ich all die Jobs“, sagt Strähnz.
Mit 46 hat sich sein Traum doch noch erfüllt: Am 1. Dezember 2013 – dem Christkönigssonntag – wurde Strähnz im Hohen Dom St. Paulus in Münster zum Diakon geweiht. Zuvor musste er ein Theologiestudium und eine Ausbildung absolvieren. Die standespolitischen Ehrenämter hat er für die Kirche aufgegeben.
Der Schwerpunkt der diakonischen Arbeit ist der Dienst an den Armen und Benachteiligten – gewisse Parallelen zum Apothekerberuf gibt es also durchaus. Den Gottesdienst hält Strähnz etwa alle fünf bis sechs Wochen. Er unterstützt den Pfarrer und den Kaplan seiner Gemeinde. Für die Vorbereitung der Predigt hat er etwa vier Wochen Zeit. Sein Ziel: 2000 Jahre alte Texte in die heutige Sprache und Zeit übersetzen. „Das halte ich für wichtig“, sagt Strähnz.
Am ersten Advent, eine Woche nach der Weihe, hielt der Apotheker seine erste Predigt als Diakon. Aufregend war das, erzählt er heute. Eine Stunde früher sei er schon in der Kirche gewesen, um anzukommen. In der Predigt ging es darum, mit dem, was man glaubt, aktiv umzugehen – „das Glaubenszimmer aufräumen“ so die Metapher.
Außerdem darf Strähnz als Diakon Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen durchführen. „Die seelsorgerische Tätigkeit hat bisher vor allem in der Apotheke stattgefunden, jetzt hat es sich in den Gemeindebereich verschoben“, so Strähnz. Insgesamt sei der seelsorgerische Dienst größer als vorher. „Ich gehe zu den Leuten, bei denen es nicht so gut läuft.“ Pro Woche investiert er fünf bis zehn Stunden in das neue Ehrenamt.
Das funktioniert, weil seine 2007 in Kleve eröffnete Apotheke im EOC nach wie vor gut läuft. Insgesamt beschäftigt er 25 Mitarbeiter. Strähnz kann sich daher Zeit für sein Ehrenamt nehmen. Weniger Zeit verbringt er deshalb heute nicht in der Apotheke: „Ich habe ja vorher auch schon viel gemacht“, sagt er mit Blick auf die standespolitische Arbeit. Dass er dadurch erst später zum Diakon geworden ist, bereut er nicht.