Pop zwischen Pillen und Pötten Torsten Bless, 27.01.2018 14:10 Uhr
Ein Abend lang wandelte sich eine Apotheke in Gronau zur intimen Konzerthalle, ein portugiesisches Trio zauberte ein entspanntes Urlaubsfeeling in die Offizin. Über diese und andere Aktionen berichten wir auch diese Woche.
Urlaubsfeeling in Offizin: Das Rock'n'Popmuseum im westfälischen Gronau nimmt seine Besucher mit auf eine Zeitreise durch 100 Jahre Popularmusik. Die Entwicklung des Sounds werde hier hör- und fühlbar gemacht, sagen die Träger. Also normalerweise. Denn 13 Jahre laufender Betrieb haben deutliche Spuren hinterlassen, bis zum Juni wird die Sammlung rundum saniert. Weiter laufen in der Zwischenzeit die beliebten Clubkonzerte. Sie gehen mangels fester Location on tour, auf einen Bauernhof, in eine Schreinerei, einen Friseursalon, und – wie gerade geschehen – die Antonius-Apotheke.
„Als ich gefragt wurde, sagte ich spontan ja“, sagt Filialleiterin Doris Lienkamp. „Wir haben eine sehr schöne Apotheke, die sehr groß ist.“ Dankenswerterweise entschieden sich die Organisatoren für ein Konzert mit kleiner Besetzung. Sängerin Célia Ramos reiste mit ihrem Drummer und ihrem Gitarristen eigens aus Lissabon an. „Gegen 17 Uhr ging es mit Aufbau und danach mit dem Soundcheck los“, berichtet Lienkamp. „Das war für uns als Team schon sehr spannend zu beobachten.“ Bewusst verzichtete Lienkamp auf eine große Werbekampagne, denn auch die geräumigste Offizin hat nur begrenzte Platzkapazitäten. „Ich wollte nicht, dass Leute abgewiesen werden müssen. Dennoch kamen über 80 Zuschauer“, berichtet die Apothekerin. „Darunter fanden sich auch unsere Kunden, das Rock'n'Popmuseum hat uns hinterher gesagt, dass sie viele Konzertgäste noch nie zuvor gesehen haben.“
Ramos und ihre beiden Jungs zauberten Urlaubsfeeling in die Apotheke. Die Stimmung sei sehr schön gewesen: „Viele haben mitgesungen, manche sogar getanzt.“ Positiver Nebeneffekt: Beim Getränkeverkauf kamen 250 Euro zusammen. Damit werden Grundschulkinder aus bedürftigen Familien zum ersten Schultag mit einem Tornister ausgestattet. Wenn sie noch einmal gefragt werde, sei sie gerne wieder mit dabei. „Das war Lebensfreude pur!“ Wer weiß, vielleicht gastiert ja „Revoice of Pharmacy“-Star Kim nach ihrem Triumph in Zwickau bald auch in Gronau … ?
Hacken auf Rädern: Katharina Sondermann aus Velbert und Irene Seidler aus Neuss eint eine große Leidenschaft. Die beiden 30-Jährigen lieben das Motorradfahren. Gemeinsam gründeten sie vor fast drei Jahren das Projekt „Heels on Wheels“, um mit ihrem Hobby gleich noch Gutes zu tun. Spontan entschlossen sie sich im August 2015 zu ihrem ersten „Fundride“. In vier Tagen rissen sie die 2730 Kilometer nach Venedig und zurück ab, für jeden gefahrenen Kilometer stifteten Sponsoren Geld für die Kinderhilfe. Gemeinsam mit fünf Mitstreitern machte sich das Duo 2017 auf die Spendenreise zum Nordkap.
Für 2016 erschien ein erster Kalender, auch ihn unterstützte bereits die Birther Apotheke in Velbert. „Ich finde es toll, wenn sich junge Menschen sich für gute Zwecke einsetzen“, sagt Besitzerin Katja Kok. „Das spricht noch mal ein ganz anderes Publikum an, als wir es aus der Apotheke kennen.“ Die Unterstützung reicht weit: „Beim ersten Kalender 2016 waren sie schon mit dabei, er brachte 3000 Euro an Spenden ein“, berichtet Seidler. „Als wir eine Fundraising-Tour durch Kambodscha machten, stiftete sie die medizinischen Notwendigkeiten im Wert von 6500 Euro. Und auch den Druck des neuen Kalenders haben sie mit gefördert.“
„Ganz aktuell haben wir wieder einen Kalender erstellt, der Verkaufserlös ist dieses Mal für die Evangelische Jugend- und Familienhilfe Kaarst bestimmt“, erläutert Sondermann. Ihren Fans stiften sie noch ein halbes Jahr dazu, bis in den Juli 2019 reichen die Ansichten rund um das Bikerleben. „Zu sehen sind Bilder von uns, von Bekannten, die gerne Motorrad fahren oder von Motorrad-Clubs, mit denen wir im Kontakt stehen.“ Als Bonus gibt es einen Tischkalender 2018 gemeinsam mit den Garagenjunx, ein dreiseitiges Memory und ein Puzzle noch obendrauf. Für dieses Jahr steht schon eine neue Sponsorenfahrt fest auf dem Programm, das Ziel ist noch unbekannt. Zudem planen sie Fahrsicherheitstrainings und kleine Schrauberkurse, die gegen eine Spende gebucht werden können.
Einkaufssackerl für Kindervilla: Umweltschutz ist auch der See-Apotheke im oberösterreichischen Kammer-Schörfling ein hohes Anliegen. Ihr Einkaufssackerl bekommen die Kunden jetzt gegen einen Obolus von 10 Cent. „Was nichts kostet, ist auch nichts wert und wird deswegen auch nicht wertschätzend behandelt“, ist Besitzer Mag. Erich Kaniak überzeugt. „Dieser kleine Lenkungseffekt kann dafür sorgen, dass wir in zwei oder drei Jahren nur mehr ein Zehntel aller Sackerl ausgeben.“
Die Erträge aus den Beuteln behält die Apotheke nicht für sich. Im Januar wird die Kindervilla im benachbarten Steinbach unterstützt. Die Einrichtung gibt Sprösslingen von 3 bis 13 Jahren aus schwierigen Verhältnissen Geborgenheit und eine zweite Heimat. Das Team will ideale Rahmenbedingungen schaffen, damit sich die Kinder gesund entwickeln können. Dafür sollen vorhandene Potenziale und Ressourcen erkannt und gezielt gefördert werden.
Shout-out für Sportapotheken: Ein Hoch den Sponsorapotheken, die sich um den lokalen Sport verdient machen! Mehr als 100 Euro holte Anke Brei von der Spitzweg-Apotheke im niedersächsischen Himmelsthür zugunsten der Handballer vom TuS Grün-Weiß aus ihrem in den Vereinsfarben gehaltenen Spendenball hervor. 450 Euro stiftete die Elisabeth-Apotheke im sächsischen Eisenberg dem Aerobic ATV. Die Fuchs-Apotheke im nordrhein-westfälischen Radevormwald unterstützt kontinuierlich den Paratriathleten Benjamin Lenatz. Er sitzt seit einem Autounfall 2003 im Rollstuhl und ist sportlich geblieben. Seine Künste in Triathlon und Rollstuhlbasketball stellt er auch erfolgreich in internationalen Wettbewerben unter Beweis. Sein großes Ziel sind die Paralympischen Spiele in Tokio 2020.