Ein Polizist aus Bayern wurde rechtskräftig verurteilt, weil er sich mit gefälschten Privatrezepten Tilidin-haltige Medikamente beschafft hatte. Zudem hatte er von illegalen Versendern aus dem Ausland Betäubungsmittel (BtM) bezogen und bei sich zu Hause verbotene Munition gelagert. Vor dem Verwaltungsgericht München wurde darüber verhandelt, ob er im Polizeidienst noch tragbar ist. Ja, sagten die Richter mit Verweis auf die besonderen Umstände.
Zunächst hatte sich der Polizist im Jahr 2015 Tilidin über das Internet besorgt. Mehrfach hatte er über eine vermutlich in Malaysia oder Singapur ansässige Internetplattform 100 Retardtabletten Tilidin Comp zum Preis von rund 200 Euro bestellt und sich nach Hause schicken lassen.
Doch im Sommer 2017 deckte er seinen Bedarf an Schmerzmitteln noch auf anderem Weg. Zusammen mit einem Komplizen stellte er ein gefälschtes Privatrezept über Tilidin her. Dieses wurde von seinem Komplizen in einer Apotheke im Raum Dachau eingelöst. Im Februar 2018 gingen die beiden erneut so vor. Bei einer Hausdurchsuchung beim Polizisten wurden zudem 156 Randfeuerpatronen Kaliber 22, eine Schrotpatrone 70 mm sowie 6 Patronen 9x19 mm gefunden.
Der Polizist wurde vom Amtsgerichts Dachau im März 2019 wegen Urkundenfälschung, vorsätzlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln sowie vorsätzlichem Besitz von verbotener Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.
Bei einem Apotheker hätte die Verurteilung wegen solcher Straftaten mit Sicherheit zum Entzug der Betriebserlaubnis geführt und wahrscheinlich auch zum Entzug der Approbation. Denn die sogenannte Berufsunwürdigkeit wurde von Gerichten in Einzelfällen schon aufgrund von Steuervergehen festgestellt. Das Vertrauen in den Beruf des Apothekers ist hier der besonders strenge Maßstab.
Auch das Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) kennt solche Vorgaben zum Verhalten und Erscheinungsbild von Staatsdienern. In § 34 heißt es: „Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.“
Das Verwaltungsgericht stellte in diesem Fall fest, dass das Dienstvergehen zwar sehr schwer wiegt. „Unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände des Einzelfalls und des aktuellen Persönlichkeitsbildes“ sei aber „ein endgültiger und vollständiger Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit“ in den Polizisten noch nicht anzunehmen. Daher sei – dem Antrag des Dienstherrn folgend – eine Zurückstufung des Beamten in das Amt als Polizeiobersekretär noch ausreichend, aber auch erforderlich.
Denn hinter den Straftaten steht ein persönliches Schicksal, das bei der Disziplinarklage über die „Zurückstufung aufgrund von außerdienstlichen Dienstpflichtverletzungen“ berücksichtigt wurde. 2013 musste der Polizist infolge einer Fuchsbandwurmerkrankung und Befall von Leber, Gallenblase und Zwerchfell operiert werden. Aufgrund anschließender Behandlung mit Tilidin wurde er abhängig. Durch eine weitere Behandlung mit Fentanyl habe sich der Suchtdruck verstärkt, führt das Gericht aus. Aufgrund Dienstunfähigkeit für den Polizeivollzugsdienst hatte er umgeschult und wird nunmehr im nichttechnischen Verwaltungsdienst der Polizei eingesetzt.
Intern erstellte „Persönlichkeitsbilder“ aus den Jahren 2019, 2021 und 2022 sowie Leistungsberichte aus der Umschulung, ließen den Polizisten in einem guten Licht dastehen. Im aktuellen Persönlichkeitsbild werde er gar als „Glücksgriff fürs Sachgebiet“ beschrieben, zitiert das Gericht. Ihm wurde eine sehr gründliche, engagierte und stet zur vollen Zufriedenheit erfolgende Erledigung der Aufgaben attestiert, ebenso eine rasche Einarbeitung, gute Auffassungsgabe, Teamfähigkeit, ein ausgeprägtes Informationsverhalten und gewissenhafte Unterrichtung der Vorgesetzten über dienstlich relevante Sachverhalte, ferner Eigeninitiative, der Einsatz eigener Verfahrensweisen und edv-technischer Lösungsansätze zur Optimierung von Verwaltungsvorgängen und vorbildliche Unterstützung der Kollegen.
Im Disziplinarverfahren wurden diese Einschätzungen ebenso berücksichtigt wie die insgesamt mildernden Umstände. Bei der Begehung der Straftaten habe sich der Polizist in einer besonders schwerwiegenden persönlichen Situation und Notlage befunden, durch seine Erkrankung und die anschließend entstandene Medikamentenabhängigkeit. Er habe sich nicht nur geständig, sondern vor allem therapiewillig gezeigt und erfolgreiche eine Substitutionstherapie durchlaufen. Eine Zurückstufung sei daher angemessen.
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