Vor dem Landgericht Essen muss sich ab der kommenden Woche eine Krankenschwester verantworten, die einem Patienten eine lebensbedrohliche Überdosis L-Polamidon verabreicht hatte – und zwar als Denkzettel für die Ärzte.
In einem Klinikum hatte die Krankenpflegerin am 6. Juli 2022 einem Mann eine potenziell tödliche Überdosis des hochwirksamen Schmerzmittels verabreicht. Der Patient war am Vortag stationär aufgenommen worden. In seiner elektronischen Krankenakte war versehentlich eine Dosis von 40 ml L-Polamidon vermerkt. Richtigerweise hätte eine Dosis von 40 Tropfen eigentragen werden sollen.
Nachdem den Krankenpflegerinnen der Fehler aufgefallen war, ordnete die die diensthabende Ärztin zunächst eine Dosis von 20 Tropfen an. Eine Korrektur in der elektronischen Krankenakte war aufgrund eines Systemfehlers jedoch nicht möglich. Bei der Schichtübergabe wies eine der Krankenpflegerinnen die Angeklagte auf die fehlerhaft vermerkte Dosierung sowie darauf hin, dass vor der Vergabe des Medikaments zwingend Rücksprache mit der Ärztin gehalten werden müsse.
Dennoch verabreichte die Pflegerin dem Patienten wenig später 40 ml L-Polamidon, wobei ihr bekannt war, dass es sich dabei um eine erhöhte und potentiell tödliche Dosis handelte. Vorrangig wollte sie die Ärzte wegen der fehlerhaften Dosis „belehren“: Nach der Tat begab sie sich zu der diensthabenden Ärztin, wies sie auf die überhöhte Dosierung hin und teilte ihr mit, dass sie diese soeben dem Patienten verabreicht habe.
Der Mann erlitt einen Krampfanfall und befand sich in potentieller Lebensgefahr. Nur durch die sofortige Gabe eines Antidots durch die von einer weiteren Krankenpflegerin alarmierten Ärzte konnten ein tödlicher Verlauf beziehungsweise schwere Folgeschäden vermieden werden. Für den Prozess sind zunächst fünf Verhandlungstage angesetzt.
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