Chefin verschenkt Reise

PKA-Azubi auf Island: E-Rezept ja, Rabattverträge nein

, Uhr
Berlin -

Ein besonderes Apothekenpraktikum hat PKA-Azubi Tim Steinkühler erlebt. Seine Chefin lud ihn als Dankeschön nach Island ein. Dort arbeitete er in einer Apotheke. Der größte Unterschied zu Deutschland sei das bereits etablierte E-Rezept. Zudem gebe es keine Rabattverträge. Warensendungen von Pharmagroßhändlern kämen in der Apotheke in der nördlichsten Kleinstadt der Insel meistens nur dreimal die Woche an.

Claudia Niederstadt schenkte ihrem PKA-Auszubildenden Tim Steinkühler eine Reise nach Island – verbunden mit einem Praktikum. Die Inhaberin der Rats-Apotheke in Nörten-Hardenberg lud als Dankeschön für seine Unterstützung ein und finanzierte den Trip. In der nördlichsten Stadt der Insel, Siglufjörður, hospitierte er in der einzigen Apotheke des etwa 1200 Einwohner zählenden Ortes bei der deutschen Approbierten Lisa Dombrowe, die dort angestellt ist.

Mehr Beratung durch PKA möglich

Schnell stellten sich Unterschiede zu Deutschland heraus. Denn in Island könnten PKA rein rechtlich auch Kund:innen beraten. Aufgrund der fehlenden Sprachkenntnis sei dies aber nicht in Frage gekommen. Eine Apotheker:in muss vor Ort sein und jedes Rezept sowie jedes Dosieretikett wird auf der Packung vor der Abgabe abgezeichnet. Ein wichtiger Unterschied zu Deutschland sei, dass in Island auch Aushilfen ohne spezielle Ausbildung im HV-Bereich arbeiten könnten und die meist vorbereiteten Tüten den Kund:innen abgeben sowie apothekenübliche Waren verkaufen dürften. Ein Äquivalent zum PKA-Beruf gebe es nicht.

Nach einigen Tagen hatte er schon isländische Worte wie „Takk“ (Danke) oder „Bless“ (Auf Wiedersehen) verinnerlicht – zur großen Freude der Apothekenbelegschaft und der Kundschaft. Steinkühler half bei der Warenannahme, bearbeitete Warensendungen und wurde in die Lagerpflege eingespannt. „Apothekenübliche Waren sind in Island nicht wirklich definiert. Meistens, auch durch die weiten Entfernungen und die Kleinheit der Ortschaften, sind die Apotheken neben ihrer wichtigen gesundheitlichen Versorgung auch für die Versorgung mit allen möglichen Kosmetik-Artikeln von Make-up bis zu Lesebrillen da. Da es außerhalb der Hauptstadt Reykjavik eigentlich keine Drogerien gibt, übernimmt die Apotheke diese Rolle auch und vieles mehr. Somit haben sie ein sehr viel breiteres Sortiment im Kassenbereich“, schildert er.

Wenn ein Rx-Medikament nicht da ist, werde es meistens erst am nächsten Tag fertig gemacht. „Schnell geht es da oft nicht; und das ist den Kunden bewusst. Warten tun nur die wenigsten, die meistens gehen dann erstmal einkaufen oder kommen halt am nächsten Tag.“ Auf Island müsse jedes Rezept mit Vorlegen des Ausweises abgeholt werden, wenn der Kunde in der Apotheke nicht bekannt sei. „Es wird dann hinten auf dem Rezept von dem Mitarbeiter vermerkt, ob der Kunde es selber abgeholt hat oder eine Person für ihn die Medikamente abgeholt hat, diese müsste aber eine schriftliche Vollmacht (elektronisch oder analog) dafür haben.“

Ein weiterer Unterschied sei, dass es auf Island nur eine einzige gesetzliche Krankenkasse gebe. Rabattverträge wie in Deutschland gebe es nicht. „Die Kasse erstattet immer anteilig jeweils das günstigste Präparat eines Wirkstoffs. Hier ist das isländische System aber flexibler, da der Kunde einfach selbst wählen kann, von welchem Hersteller er den Wirkstoff nimmt.“ Er müsse dann lediglich den Differenzbetrag – wenn er etwa ein Original-Präparat will – den die Kasse für das Präparat nicht erstattet, selbst zahlen.

E-Rezept seit Jahren etabliert

Der größte Unterschied zu Deutschland sei das etablierte E-Rezept. „Dieses ist schon seit einigen Jahren in Benutzung im isländischen Gesundheitssystem. Der Kunde bekommt nicht mehr ein Rezept in Papierform ausgehändigt.“ Das Rezept werde vom Arzt auf einen Server hochgeladen, auf den jede Apotheke freien Zugriff habe. „Der Arzt kann es aber auch gleich direkt an eine bestimmte Apotheke schicken, wenn der Patient dies wünscht.“ Zudem gebe es in Island Mehrfachverordnungen, eine Ärzt:in könne bei Dauermedikamenten gleich einen Bedarf für ein Jahr aufschreiben. „Der Kunde darf aber nur einen Bedarf bis zu maximal drei Monaten auf einmal einlösen.“

Steinkühler schwärmt von seiner Reise: „Island ist ein einzigartiges Land.“ Im Anschluss an das Praktikum schaute er sich den größten Gletscher Europas an, Wasserfälle und erkundte die Insel mit einem Mietwagen. Auf Island gebe es noch genug für zwei Urlaube zu sehen, sagt der Auszubildende, der jetzt noch seine Abschlussprüfung meistern muss.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch

APOTHEKE ADHOC Debatte