PIP-Skandal

Pfusch-Implantate: Kein Schmerzensgeld

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Berlin -

Vor mehr als sieben Jahren kam der Brustimplantate-Skandal beim Hersteller PIP ans Licht – skrupelloser Betrug zulasten der Frauen. Die Opfer kämpfen bis heute um finanziellen Ausgleich. In Deutschland haben sich ihre Hoffnungen aber nun weitgehend zerschlagen.

Opfer des Skandals um minderwertige Brustimplantate aus Industrie-Silikon haben in Deutschland kaum noch Chancen auf Schmerzensgeld. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies heute mit einem Grundsatz-Urteil die Klage einer betroffenen Frau aus Ludwigshafen gegen den TÜV Rheinland in letzter Instanz ab. Die Prüfer hätten bei der Überwachung des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) keine Pflichten verletzt.

PIP hatte bis zum Auffliegen des groß angelegten Betrugs 2010 die meisten hergestellten Implantate mit nicht für diese Zwecke zugelassenem Industrie-Silikon gefüllt. Allein in Deutschland waren weit mehr als 5000 Frauen davon betroffen. Sie bekamen die Empfehlung, sich die reißanfälligen und teilweise undichten Implantate zur Sicherheit entfernen zu lassen.

Der TÜV hatte die Qualitätssicherung von PIP zertifiziert und über viele Jahre überwacht, bei mehreren angekündigten Kontrollen in der Firma aber nichts gemerkt. Dort wurde vor dem Besuch von Prüfern das Billig-Silikon gegen das zugelassene, höherwertige Gel ausgetauscht. Der TÜV sieht sich deshalb selbst als Opfer des Betrugs.

Nach Ansicht betroffener Frauen wären die Missstände früher ans Licht gekommen, wenn der TÜV dem Betrieb zum Beispiel Überraschungsbesuche abgestattet hätte. Weil bei der insolventen Firma PIP kein Geld mehr zu holen ist, verklagten sie reihenweise den TÜV. Die Karlsruher Richter beanstanden nun aber keine solchen Versäumnisse.

Die Klägerin, eine 67 Jahre alte Rentnerin, hatte jahrelang durch alle Instanzen um mindestens 40.000 Euro Schmerzensgeld gestritten – am Ende ohne Erfolg. Sie hatte sich 2008 zur Sicherheit Brustgewebe entfernen lassen, weil es in ihrer Familie mehrere Krebserkrankungen gab. Auf ärztlichen Rat ließ sie sich 2012 ein zweites Mal operieren und die gefährlichen PIP-Implantate austauschen.

Ihre Klage war die erste, die den BGH erreichte. Mit dem Urteil geben die obersten Zivilrichter auch die Linie für andere Schmerzensgeld-Prozesse vor. Der Konzernsprecher des TÜV Rheinland, Hartmut Müller-Gerbes, sprach von einer „wegweisenden Entscheidung“.

Er sei zuversichtlich, dass die anderen Gerichte sich dem anschließen würden. Derzeit sei in Deutschland noch eine zweistellige Zahl von Verfahren gegen den TÜV anhängig, sagte er in Karlsruhe.

Der Fall war zuvor bereits beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gewesen. Danach war schon klar, dass der TÜV Rheinland zumindest nicht ohne Anlass zu unangemeldeten Kontrollen verpflichtet war. Gibt es Hinweise auf Missstände, müssen Prüfstellen wie der TÜV laut dem EuGH-Urteil aber zwingend „alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen“.

Die Anwältin der Klägerin, Ruth Schultze-Zeu, sagte, sie habe für noch laufende PIP-Verfahren mehr als 25 solcher Hinweise gefunden. „Ich kämpfe weiter und bin zuversichtlich, diese Hürde zu nehmen.“

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