Nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) werden unter dem Einfluss von Arzneimitteln mindestens ebenso viele Unfälle verursacht wie unter Alkoholeinfluss. Bis zu 7 Prozent der jährlich rund 2,2 Millionen Verkehrsunfälle in Deutschland seien auf medikamentenbedingte Fahruntüchtigkeit zurückzuführen, sagte DGVM-Präsident Professor Dr. Rainer Mattern.
Es sei an der Zeit, über Grenzwerte zu diskutieren, sagte Mattern. Wer das Doppelte oder Dreifache der therapeutisch angezeigten Dosis eines Medikamentes eingenommen habe, sollte als fahruntüchtig gelten, so der Vorschlag des Verkehrsmediziners.
Fahruntüchtigkeit werde in erster Linie durch Schlaf- und Beruhigungsmittel sowie durch Psychopharmaka verursacht, so Mattern weiter. Probleme könnten aber zum Beispiel auch durch blutdrucksenkende Medikamente oder überdosierte Schmerzmittel entstehen. Vor allem ältere Menschen nähmen zum Teil mehrere Präparate gleichzeitig, wobei die Wechselwirkung und damit die Folgen für die Fahrtüchtigkeit oftmals nicht ausreichend erforscht seien. Anders als für Alkohol und Drogen gebe es für Arzneien keinerlei Grenzwerte.
Ärzte stünden in der Pflicht, ihre Patienten besser über die Folgen der Arzneimitteleinnahme aufzuklären, sagte Mattern, der an der Universität Heidelberg das Institut für Rechts- und Verkehrsmedizin leitet. Vielfach verfügten die Mediziner aber selbst nur über unzureichende
Kenntnisse. Denn Verkehrsmedizin sei nicht Bestandteil der Ausbildung. Auch Polizisten seien nicht genügend informiert. Die Folge: Eine arzneimittelbedingte Fahruntüchtigkeit werde seltener entdeckt als eine alkoholbedingte.
Der DGVM-Präsident appellierte an alle Verkehrsteilnehmer, sich zu informieren und nach der Einnahme von Arzneimitteln kritisch auf die Fahrfähigkeit hin zu überprüfen. Der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin gehören rund 300 Mediziner und Wissenschaftler anderer Fachrichtungen, wie Toxikologen oder Psychologen, an.
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