Pille danach: Arzt stellt Apotheker infrage APOTHEKE ADHOC, 18.01.2018 13:01 Uhr
Im Zuge des OTC-Switches von Notfallkontrazeptiva sorgte die Frage nach einer kompetenten Beratung durch Apotheken zwischen Ärzten und Pharmazeuten für Zündstoff. Mediziner, insbesondere Gynäkologen, stellten die Fachkompetenz immer wieder infrage, nach dem Motto „Können die das überhaupt?“. Auch Jahre nach dem Switch ist das längst nicht Geschichte: In einem aktuellen Artikel des „Stern“-Ablegers „Neon“ bezweifelt ein Frauenarzt, ob Apotheker eine „sorgfältige Beratung fachlich leisten können“ – und das nicht zum ersten Mal.
Genitalinfektionen, Hämorrhoiden oder die Pille danach: Manche Beratungsthemen kosten die Patienten Überwindung, oft werden sie von einem Schamgefühl begleitet. Die Betroffenen erwarten, dass das pharmazeutische Fachpersonal sie mit dem nötigen Respekt behandelt und ihnen fachmännisch hilft. Auch der Gesetzgeber ist daran interessiert.
Um die professionelle Diskretion zu gewähren, muss nach § 4 Abs. 2a der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) die Offizin so eingerichtet sein, dass die Vertraulichkeit der Beratung so gewahrt wird, dass das Mithören des Beratungsgesprächs durch andere Kunden weitestgehend verhindert wird. Dazu eignen sich separate Beratungsräume, in denen Patienten ihr Anliegen im vertraulichen Rahmen mitteilen können.
„Ob ich wohl mit in den kleinen Beratungsraum kommen wolle, fragt der Apotheker und zeigt auf eine spärlich abgegrenzte Kabine in der Ecke“, schreibt die „Neon“-Autorin zum Einstieg von ihrer eigenen Erfahrung. Denn mit dem Gemurmel „Nml d Pll dnch btt“, konnte der Apotheker zunächst nichts anfangen. „Garantiert nicht.“ Da könne sie sich ja gleich ein „Ich hatte einen One-Night-Stand und habe nicht verhütet“-Schild umhängen. Sie berichtet von ihrer durchwachsenen Erfahrung zur Pille danach im Beratungsgespräch und wie unangenehm der Aufenthalt in der Apotheke gewesen war.
Im Nachhinein sieht sie es ein, sie hätte damals lieber doch in die „Shame-Kabine“ gehen sollen, um noch etwas zu lernen. Denn vieles wisse sie nicht und damit sei sie nicht allein. Daher widmet sie sich in ihrem Artikel den Mythen zur Pille danach. „Wir haben die sieben wichtigsten mal mit Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, besprochen.“
Der Gynäkologe erklärt die Wirkweise von den beiden Notfallkontrazeptiva Levonorgestrel und Ulipristalacetat und beantwortet Fragen wie: Ist die Pille danach eine Hormonbombe? Ist es ungesund, die Pille danach zu häufig zu nehmen? Hat die Pille danach gefährliche Nebenwirkungen? Brauchen Minderjährige eine Einverständniserklärung der Eltern?
Aber auch zum Mythos „Frauen müssen sich in der Apotheke beraten lassen, Stichwort Shame-Kabine“ hat der Frauenarzt was zu erzählen: „Mädchen und Frauen haben einen Anspruch darauf, von ihrem Arzt sorgfältig zur Notfallverhütung beraten zu werden. Das Gleiche gilt für den Kauf in der Apotheke. Apotheker sind zu einer sorgfältigen Beratung verpflichtet, wobei zu bezweifeln ist, dass Apotheker das fachlich leisten können. Aber es gibt keine Beratungspflicht wie zum Beispiel bei einem geplanten Schwangerschaftsabbruch.“