In einem westdeutschen Heim sind in den 50er Jahren nach neusten Erkenntnissen Medikamentenversuche an Kindern durchgeführt worden. Bei den Medikamenten handelte es sich offenbar um Arzneimittel der Pharmafirma Merck.
Die Doktorandin Silvia Wagner entdeckte die Dokumente zur Medikamentenstudie bei ihrer Forschungsarbeit. Weitere Recherchen des ARD-Magazins „FAKT“ (heute 21.45 Uhr) ergaben, dass 28 Kinder im Franz Sales Haus in Essen das sogenannte Medikament T-57 verabreicht bekamen. Dass es sich nicht um eine therapeutische Anwendung, sondern um Versuche an Kindern handelte, sei aus den überproportional hohen Dosierungen ersichtlich. Diese Einschätzung teilen der Professor Dr. Gerd Glaeske und der Historiker Uwe Kaminsky.
T-57: Die Abkürzung steht für das hochwirksame Neuroleptikum Decentan aus einer klinischen Erprobungsphase. Das Medikament gelangte 1957 auf den deutschen Markt. Laut Arzneimittel-Experten wurde das Medikament typischerweise bei Psychosen oder Schizophrenien eingesetzt. In der Psychiatrie wurde es demnach auch missbräuchlich zur Ruhigstellung von schwierigen Patienten genutzt. Im Franz Sales Haus führte ein angestellter Arzt die Versuche durch. Nach heutiger Gesetzeslage wären sie strengstens verboten, so Glaeske.
Laut einer im Archiv des Kinderheims gefundenen Liste, waren die betroffenen Kinder zwischen 5 und 13 Jahre alt. Zu den Recherche-Ergebnissen wollte sich die Firma Merck laut MDR nicht vor laufender Kamera äußern, man stehe einer Aufarbeitung jedoch nicht im Weg. Heim-Direktor Günter Oelscher reagierte geschockt und bietet den Geschädigten Gespräche an. Weiterhin will er den Fällen nachgehen.
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