Immer mehr niedergelassene Ärzte werden von der Pharmaindustrie für umstrittene Studien bezahlt. 85.000 Mal hätten Ärzte 2008 an einer von 329 Studien teilgenommen. In diesem Jahr sei die Zahl der teilnehmenden Ärzte um 5 Prozent gestiegen sagte der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Carl-Heinz Müller, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). Er habe den dringenden Verdacht, dass viele dieser Studien zur Verkaufsförderung veranlasst würden.
Ärzte erhalten für jeden teilnehmenden Patienten 10 bis 1000 Euro, sagte Müller. Das liege oft über den Dokumentations- und Schulungskosten, die sich ein Arzt erstatten lassen dürfe. Die Hersteller hätten 2008 rund eine Milliarde Euro Umsatzzuwachs mit den entsprechenden Arzneimitteln erzielt, so Müller. Faktisch dürfte laut KBV wegen Mehrfachteilnahmen mittlerweile in diesem Jahr jeder vierte der knapp 150.000 Kassenärzte an solchen Studien beteiligt sein, berichtet die FAZ. Mehrfachteilnahmen gingen als jeweils einzelne Fälle in die Statistik ein.
Die Krankenkassen schlossen sich Forderungen der KBV nach mehr Transparenz an. „Wir fordern, dass alle Zulassungs- und Anwendungsstudien veröffentlicht werden müssen“, sagte ein Sprecher des Spitzenverbandes der Krankenkassen. Verbraucherschützer verlangten drastische Einschränkungen. „Zukünftig sollten solche Studien nur zugelassen werden, wenn sie klaren methodischen Anforderungen genügen“, sagte der Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale Bundesverbands, Stefan Etgeton. Die Einwilligung der Patienten müsse zur Voraussetzung gemacht werden.
Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (VFA) verteidigte die Studien: „Anwendungsbeobachtungen sind ein unverzichtbares Instrument der Arzneimittelforschung“, sagte der für Forschung zuständige Geschäftsführer, Siegfried Throm. Auch nach der Zulassung müssten Informationen über die Mittel gesammelt und ausgewertet werden. Unverhältnismäßige Vergütungen würden im Kodex der freiwilligen Selbstkontrolle untersagt.
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