Der Pfusch-Apotheker von Bottrop, Peter S., ist mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen seine Verurteilung gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Sache nicht an.
Um seinen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren, streckte der Bottroper Apotheker Peter S. in großem Stil Krebsmedikamente: Tausende Infusionslösungen waren unterdosiert oder enthielten womöglich überhaupt keinen Wirkstoff. Da – abgesehen von den 66 konfiszierten Zubereitungen – nicht mehr nachzuweisen war, welche Beutel tatsächlich betroffen waren, hatte man im Strafprozess waren für jeden Wirkstoff die Einkaufs- und Abrechnungsmengen abgeglichen: Obwohl vielfach zugunsten des Apothekers von einer ordnungsgemäßen Herstellung ausgegangen wurde, blieben am Ende knapp 14.500 Fälle übrig, in denen überhaupt kein Wirkstoff enthalten gewesen sein konnte.
Das Landgericht Essen verurteilte S. 2018 in allen nachgewiesenen Fällen als Täter. Ganz überwiegend habe er die unterdosierten Zubereitungen eigenhändig hergestellt, in Einzelfällen sei dies aber auch durch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter geschehen – „auf Veranlassung oder Anweisung und mit zumindest generellem Wissen und Billigung“ des Apothekers. In welchen Fällen S. selbst und in welchen Fällen seine Mitarbeiter handelten, ließ sich ebenfalls nicht rekonstruieren.
Die Anwälte von S. wollten diese Art er Beweisführung nicht gelten lassen. Aus den Entscheidungsgründen gehe nicht hervor, in welchen konkreten Fällen unterdosierte Zubereitungen hergestellt und ausgeliefert wurden und für welche Patienten die Arzneimittel jeweils bestimmt gewesen seien. Außerdem sei S. auch für mögliche Straftaten nachgeordneter Mitarbeiter als Täter verurteilt worden, obwohl noch nicht einmal die Anstiftung nachgewiesen sei. Deswegen wollte S. vor das Bundesverfassungsgericht.
Doch die Verfassungsbeschwerde wurde gar nicht zur Entscheidung angenommen. Weder gebe es eine grundsätzliche Bedeutung, noch habe sie hinreichende Aussicht auf Erfolg: Das Landgericht habe die Schuld hinreichend konkret festgestellt und Feststellungen zum Vorsatz und zur Schuldfähigkeit des Apothekers getroffen. Unsicher seien allein der Zeitpunkt der jeweiligen Straftat, „bei solch einer Sachverhaltskonstellation wäre ein Freispruch mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar“. Dass die festgestellte Tatsachengrundlage Lücken aufweise, sei der „gleichartigen Wahlfeststellung“, so der juristische Fachbegriff, „nicht nur immanent, sondern vorausgesetzt“.
Auch für mögliche Taten seiner Mitarbeiter müsse S. gerade stehen: „Dass die Strafkammer keine weitergehenden Feststellungen zu der konkreten Veranlassung oder Anweisung getroffen hat, begegnet im Hinblick auf den Schuldgrundsatz keinen Bedenken.“ Denn die Feststellungen zur organisatorischen Hoheit und zum Motiv des Beschwerdeführers ließen „in hinreichendem Maße auf eine vom Täterwillen getragene Tatherrschaft schließen“. S. habe schon nicht aufgezeigt, inwiefern vor diesem Hintergrund eine „bloße Teilnahme“ überhaupt möglich erscheinen solle.
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