In diesem Jahr haben zahlreiche Apotheker in ganz Deutschland ihren Betrieb geschlossen. Kein leichter Schritt für die meisten. Steckt doch so oft viel Herzblut in der Berufung als Apotheker und in dem, was man geschaffen hat. Bis Ende September haben bereits 285 Apotheken mehr geschlossen als neu eröffnet wurden. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Drei Inhaber aus Deutschland geben einen kleinen Einblick, was bei ihnen der Auslöser war.
In Pforzheim hat sich Viktor Ketterer mit seiner Moritz-Apotheke 15 Jahre gut gehalten, bevor er jetzt schließen musste. Und das nicht etwa wegen fehlender Wirtschaftlichkeit oder weil die Lage schlecht war. Nein, die Schließung war unausweichlich, weil sein Filialleiter von einem Konkurrenten abgeworben wurde. Der Versuch einer Nachbesetzung scheiterte. Generell gebe es massive Probleme, Personal zu finden: „Das sind Zustände wie auf dem Fleischmarkt“, findet der Apotheker. Es gehe kaum noch um Leistung.
Die Ursache sieht er auch auf der politischen Ebene: Es gebe wegen fehlender Verlässlichkeit kaum Perspektiven, eine eigene Apotheke zu eröffnen. Das Kerngeschäft und die eigentliche Aufgabe als Apotheker würden schlichtweg stiefmütterlich behandelt. Die Wertschätzung sei völlig verloren gegangen. „Ausgebildete Pharmazeuten verpuffen wie Dampf.“
Er habe sich in der Vergangenheit auch schon selbst um die Ausbildung neuer Pharmazeuten für seine Apotheken gekümmert und dafür 2,5 Jahre investiert. Doch dann scheiterte einer seiner Schützlinge an einer viel zu wissenschaftlichen Prüfung, wie Ketterer sagt. Wozu das Ganze? Was dort abgefragt werde, habe zum großen Teil nichts mit der tagtäglichen Funktion von Apotheker:innen oder PTA zu tun, die ja aber so dringend gebraucht würden.
Im baden-württembergischen Weinheim schließt die Schäfer-Apotheke nach 72 Jahren. Inhaberin Monika Schäfer, die das Geschäft seit 2013 in dritter Generation führt, hat ein lachendes und ein weinendes Auge. Der Grund liegt in erster Linie an einer Großbaustelle, die sich über mehrere Monate direkt vor der Apotheke befand. Dadurch hatten die Kund:innen Schwierigkeiten ihre Stamm-Apotheke zu erreichen und wechselten zur Konkurrenz. Bedauerlicherweise kamen sie nach Abschluss der Baummaßnahmen nicht alle zurück.
Die daraus resultierenden Umsatzeinbußen sorgten bei der Apothekerin in der letzten Zeit für finanziellen Druck. „Ein Arzt ist auch nicht in der Nähe, von dem die Patient:innen mit ihren Rezepten zu uns kommen würden“, bedauert Schäfer. Dadurch habe sich auch keine Nachfolge für die angemieteten Räumlichkeiten als Apotheke gefunden, trotz aller Bemühungen.
Die Entscheidung zur Schließung sei ihr nicht leichtgefallen. Sie verbinde Erinnerungen mit diesem Ort. Beispielsweise an ihren Großvater, der die Apotheke 1950 gründete. „Ich bin hier aufgewachsen und weiß noch, wie ich als kleines Kind mit dem Dreirad hinter dem HV-Tisch umher gefahren bin.“
Das Inventar werde nun verschrottet, die Medikamente gingen zum Großhandel zurück. Während eine Mitarbeiterin die Branche wechsele, sei eine weitere noch auf der Suche nach einer neuen Anstellung. Schäfers Vater, Wolfgang Schäfer, der das Geschäft 1975 übernahm, habe bis zuletzt in der Offizin mit ausgeholfen. Wenn Not am Mann war, stand er seinen Kund:innen gern beratend zur Seite und half, wo er konnte. Nun freue der Mittsiebziger sich auf seinen Ruhestand.
Schäfer selbst gibt ihre Selbstständigkeit auf und arbeitet künftig als angestellte Apothekerin im Nachbarort. Die Mutter dreier Kinder, die ebenfalls sehr viel Zeit in der Apotheke verbracht haben, freut sich auf geregeltere Dienstzeiten, planbaren Urlaub und schlichtweg weniger Last auf ihren Schultern. Sie ist sich sicher: „Das wird dem Familienleben guttun.“
Rainer Hartl, Apotheker im oberpfälzischen Arnschwang, hat 36 Jahre seine St. Martin-Apotheke betrieben. Zum Jahresende macht er Schluss. Zumindest als Inhaber. Mit Mitte 60 möchte er sich allmählig ein wenig zurückziehen. Hartl gehört zu den wenigen glücklichen Apothekern, die auf dem Land für ihren Betrieb einen Nachfolger gefunden haben: Eine Kollegin aus der Umgebung übernimmt ab Januar die kleine Landapotheke als ihre Filiale.
Die Perspektive scheint nicht schlecht. „Wir sind mit treuen Stammkunden und einigen Ärzten in der Gegend gesegnet“, so Hartl. Es sei ihm außerdem ein großes Anliegen, dass seine Mitarbeiter:innen weiterhin in Lohn und Brot stünden. Denn die liegen ihm seit Jahren am Herzen: „Wir sind ein eingespieltes Team.“
So ganz kann der Apotheker aber seinem Betrieb dann doch noch nicht den Rücken kehren: „Von Hundert auf Null geht es nicht“, lacht er. Er wird seiner Kundschaft zukünftig in Teilzeit hin und wieder mit pharmazeutischem Rat zur Seite stehen. Auch aus anderen Apotheken habe es bereits Angebote für eine Urlaubsvertretung gegeben. Doch seinen wohlverdienten Ruhestand möchte er dennoch nicht aus den Augen verlieren.
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