Anästhesist vor Gericht

Patientinnen vergewaltigt: Elf Jahr Haft und Berufsverbot

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Berlin -

Von schlimmen Taten spricht das Landgericht Bielefeld. Frauen waren als Patientinnen von einem Arzt vergewaltigt worden. Wenn das Urteil bestätigt wird, muss er lange ins Gefängnis und darf nicht mehr im Krankenhaus arbeiten.

Kopfschütteln beim Angeklagten, erneute Ermahnung durch den Vorsitzenden Richter: Carsten Wahlmann spricht seinen Unmut offen aus. „Die Beweismittel sind so eindeutig, richtig eindeutig. Da können Sie sich nicht mehr rausreden“, sagte der Richter zum Abschluss der über zweistündigen Urteilsbegründung. Er hat gerade den Mann auf der Anklagebank zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Außerdem verhängte das Landgericht Bielefeld am Donnerstag ein lebenslanges Berufsverbot in Krankenhäusern. An die Opfer muss der 43-Jährige außerdem 35.000 Euro und 10.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung hatte Freispruch, die Staatsanwaltschaft zwölf Jahre Haft gefordert.

Der gerade frisch nach dem Studium ins Berufsleben gestartete Assistenzarzt hat nach Überzeugung des Gerichts Ende 2020 mehrere Frauen sexuell belästigt, schwer vergewaltigt und zum Teil schwer verletzt. Dabei waren die Frauen zum Teil gerade frisch operiert worden und besonders schutzwürdig. Der Mann hatte die Vorwürfe von Anfang an bestritten, den Frauen falsche Aussagen und sexuelle Träume nach der Narkose unterstellt. Außerdem berief er sich auf die Operationsprotokolle, nach denen er nicht in die Zimmer der Frauen hätte gehen können, während er als Anästhesist im Einsatz war.

Richter Wahlmann hatte bereits zum Prozessauftakt dazu geraten, reinen Tisch zu machen. In der mündlichen Begründung zählte er dann dezidiert auf, wo der 43-Jährige „Märchen erzählt“ und gelogen habe, um sein Auftreten in verschiedenen Patientenzimmern und Aufwachräumen zu rechtfertigen. „Die Zeugenaussage aber waren absolut glaubhaft. Klar und abgewogen, wie sich ein Gericht das wünscht. Das war eine anerkennenswerte Leistung nach dieser psychischen Belastung“, sagte der Richter. Dem Angeklagten ins Gesicht zu gucken und als Zeugen hier auszusagen – das müsse das Gericht schon hervorheben.

Überhaupt nichts zu rütteln habe es an einem Gutachten des Landeskriminalamtes gegeben, betonte das Gericht. In der Unterhose des Mediziners waren Speichelspuren einer der Frauen gefunden worden. Das passte exakt zu einer Aussage der Patientinnen. Der Arzt hatte die Frauen oral vergewaltigt, in einigen Fällen wertete das Gericht die Taten als Versuch, andere waren erfolgreich. Zuvor hatte er ihnen, nicht wie gewünscht Schmerzmittel gespritzt, sondern Mittel mit einschläfernder Wirkung.

Der Fund von Kinderpornografie nach seiner Festnahme auf einem USB-Stick und Computer sowie Drogen wurde ebenfalls verhandelt. Bei einer Hausdurchsuchung in Oelde fanden die Ermittler eine Drogenplantage. Die mitangeklagte Ehefrau erhielt deshalb für den Anbau ein Jahr und sechs Monate Haft auf Bewährung. Der Arzt wurde wegen Besitzes von Drogen und der gefundenen Bilder und Videos verurteilt.

Beim Strafmaß habe das Gericht durchaus überlegt, noch höher zu gehen. Möglich seien 14 Jahre gewesen, betont der Richter. Allerdings sei der Mediziner ein Ersttäter. „Das waren schlimme Taten, deshalb das lebenslange Berufsverbot. Dieses Risiko wollen wir der Gesellschaft nicht aussetzen. Der Opferschutz steht weit vorne. Das darf nicht wieder passieren.“ Ein letzter Rat an den gerade Verurteilten durch das Gericht: „Wenn Sie früher rauswollen, arbeiten Sie die Tat auf.“

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