Der Vorschlag des Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, Flohmärkte für Arzneimittel ins Leben zu rufen, hallt noch immer nach: Patient:innen bringen ihre alten Medikamente häufig zu „Spendenzwecken“ in ihre Apotheke vor Ort.
Die Flohmarkt-Idee schlug überall hohe Wellen, zahlreiche Medien berichteten darüber. Auch in den sozialen Netzwerken zeichnete sich deshalb jüngst ein gefährlicher Trend ab: Medikamentenreste wurden getauscht und verschenkt. Eltern gruppierten sich dafür auf Medien wie Facebook in sogenannten Notfall-Gruppen, um sich mit den fehlenden Mitteln auszuhelfen.
Aber auch Apotheken berichten vermehrt über Begegnungen mit Patient:innen, die ihre alten Arzneimittel „spenden“ möchten. Dabei wird selten unterschieden zwischen geöffneten und ungeöffneten, verschreibungspflichtigen oder OTC-Präparaten. Unabhängig von Zustand oder Verfalldatum landen die Packungen auf dem HV-Tisch: Die Patient:innen hätten von der Arzneimittelknappheit gehört und wollten die Medikamente jetzt einfach mal vorbeibringen, damit die Apotheke sie dann weitergeben könne, berichtet eine Apothekerin.
Dass die Gesetzeslage der Idee der Rücknahme und Weitergabe von Arzneimitteln und insbesondere der Abgabe nach Verfall ganz klar entgegen steht und darüber hinaus verfallene Arzneimittel massiv die Gesundheit der Patientinnen und Patienten gefährden könnten, darüber ist von den Spendenden keiner aufgeklärt.
„Es ist doch gar nicht nachzuhalten, ob der Vorbesitzer das Mittel korrekt gelagert hat oder ob es in diesem heißen Sommer zum Beispiel zu chemischen Reaktionen beziehungsweise Abbauprozessen gekommen ist, so dass das Mittel nicht nur nicht wirkt, sondern sogar gesundheitsschädlich ist“, warnte auch Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL). Gerade Säfte, die besonders gefragt sind in den Notfall-Gruppen, sind in ihrer Haltbarkeit nach Anbruch stark begrenzt.
Es werde ja im Fernsehen dazu aufgerufen, seine Arzneimittel weiterzugeben, erklären Kund:innen den Mitarbeiter:innen in der Apotheke ihr Vorgehen. Denn die Aussagen des Ärztepräsidenten schafften es jüngst nicht nur in den Tagesspiegel, sondern auch in zahlreiche andere Medien bis hin zur Tagesschau. Deshalb müssen jetzt neben Mehrarbeit aufgrund von Lieferengpässen und Diskussionen darüber auch noch Aufklärungsgespräche über Arzneimittelspenden geführt werden. Immerhin fallen keine Gespräche mit Patient:innen an, die die gespendeten Arzneimittel einnehmen sollen.
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