Musik beruhigt. Das haben Forscher schon vor Jahren erkannt. Auch die Zahnärzte freuen sich angesichts des aktuellen Gema-Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) über die gebührenfreie Hintergrundmusik in ihren Praxen. Das Radioprogramm lockere die angespannte Situation auf, sagt Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer. Aber wer denkt an Angstpatienten in Apotheken?
Radiomusik in Praxen sei vernünftig, sind sich die Zahnärzte einig. Bei panikähnlichen Zuständen nehme sie die Angst, zum Beispiel vor dem Bohren, sagt der Vorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Dr. Wolfgang Eßer.
„Wenn sich der Patient auf das Radioprogramm konzentriert, kann er die Gedanken an Schmerzen möglicherweise verdrängen“, so Eßer. Aus zahnmedizinischer Sicht könne die Musik eine angenehme Atmosphäre schaffen, unterstützt ihn Engel. Der BGH hatte seine Gema-Entscheidung zwar anders begründet, aber die zahnmedizinische Sichtweise hat auch etwas für sich.
Während Zahnärzte also weiter gratis zum Takt mitwippen, stehen Apothekeninhaber still in der Ecke. Ist das unfair? Vielleicht. Denn auch Pharmazeuten kommen in Situationen, bei denen Musik die Lage auflockern und dem Patientenwohl dienen könnte. Da gibt es die Angst vor neuen Zuzahlungen und Panikattacken, weil wieder ein neuer Rabattvertrag gilt und die Tabletten dadurch anders aussehen.
Mit den neuen Vorgaben für den Arztstempel droht in Apotheken außerdem ein weiterer Furchtfaktor. Patienten müssen sich damit abfinden, dass sie das Rezept nochmal abzeichnen lassen müssen. Auch die Stresssituation Schlange stehen an der Kasse erhöht bei dem ein oder anderen Kunden den Puls dramatisch.
Doch die Gema interessiert das alles nicht. Für das öffentliche Abspielen von Musikstücken müssen Apotheken zusätzlich Gebühren zahlen. Die Offizin gilt als öffentlicher Raum. Punkt.
Vielleicht muss erst ein Apotheker vor Gericht ziehen und wie der Düsseldorfer Zahnarzt einen Präzedenzfall schaffen. Immerhin waren die Karlsruher Richter auch auf dessen Seite: Hörfunksendungen in Praxen zu spielen ist demnach im Allgemeinen keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechts und damit auch nicht vergütungspflichtig.
Zu sehr darf es künftig im Behandlungszimmer aber nicht fetzen. Denn eine Gefahr birgt Radiomusik auf dem Zahnarztstuhl: Patienten sollten beim Bohren keinesfalls mitsingen.
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