Organspende: Ein Tattoo als Willenserklärung Cynthia Wegner, 17.04.2023 10:29 Uhr
Das Thema Organspende spaltet die Gemüter. Obwohl die Spendenbereitschaft in Deutschland hoch ist, werden nur sehr wenige Menschen tatsächlich zum/zur Organspender:in. Meist fehlt die Einwilligung der Verstorbenen – ein spezielles Tattoo könnte künftig mehr Klarheit schaffen und die Spendenhäufigkeit erhöhen.
Rund 84 Prozent der Deutschen sind bereit, nach ihrem Tod Organspender:in zu werden. Dennoch werden laut Eurotransplant nur verschwindende 0,001 Prozent tatsächlich zu Spender:innen. Warum ist das so? „Der Tod und Organspende sind nach wie vor Tabuthemen in Deutschland. Viele Angehörige wissen schlichtweg nicht, was der/die Verstorbene sich gewünscht hätte“, erklärt die gemeinnützige Organisation „Junge Helden“. Im Zweifel wird die Organspende dann abgelehnt.
Keine Spende, weil Einwilligung fehlt
„In Deutschland gehen wir davon aus, dass jeden Tag mindestens drei Patienten auf der Warteliste versterben. Also sterben pro Jahr hochgerechnet über 1000 Patienten in unserem Land, weil ein Spenderorgan nicht zur Verfügung steht“, erklärt Professor Dr. Christoph Knosalla vom Deutschen Herzzentrum der Charité Berlin. Rund die Hälfte der möglichen Organspenden konnte 2022 nicht realisiert werden, weil die Einwilligung fehlte – und die Angehörigen ablehnten. „Bei 42 Prozent basierte die Ablehnung der Angehörigen auf vermutetem Willen, bei 35 Prozent auf reiner Einschätzung.“ Lediglich bei 7 Prozent basierte die Ablehnung auf dem bekannten schriftlichen Willen, bei 16 Prozent auf dem bekannten mündlichen Willen des/der Verstorbenen.
Ärzt:innen plädieren deshalb dafür, sich bereits früh mit der Thematik auseinanderzusetzen – auch wenn das Thema Tod nicht sehr beliebt ist. „Man braucht die Familie, Freunde, Partnerin, Partner mit im Boot. Das ist wichtig, dass man frühzeitig in die Kommunikation geht. Das merken wir auch im klinischen Alltag. Der Tod gehört zum Leben dazu und der Sterbeprozess kommt für manche überraschend und plötzlich. Je früher man sich gedanklich damit auseinandersetzt, umso besser. Dann kann man auch eine gesunde Entscheidung für sich treffen – für oder auch gegen die Organspende“, so Notärztin Dr. Sophie Wilk-Vollmann.
Als Einwilligung reicht es bereits, den Organspendeausweis oder eine schriftliche Einwilligung in anderer Form bei sich zu tragen. „Ein Nachweis, der dem medizinischen Personal bekannt sein muss, aber vor allem denjenigen, die die endgültige Entscheidung treffen: Verwandte und Angehörige“, so die „Jungen Helden“.
Ein Tattoo, das Klarheit schafft
Die Organisation hat einen weiteren Weg ins Leben gerufen, um die Organspende-Bereitschaft zu zeigen: Ein spezielles Tattoo. „Das Design besteht aus einem Kreis und zwei Halbkreisen. So symbolisiert es, wie durch die Organspende aus zwei Teilen wieder ein Ganzes wird.“ Unter dem Motto „Opt-Ink – Get Inked. Give Life.“ soll es das Thema Organspende in den Fokus rücken. Mittlerweile ist das Tattoo nach Angaben der Organisation bereits mehr als 150 Mal auf der Haut gelandet. „Opt-Ink ist sowohl für das medizinische Personal als auch für Angehörige ein eindeutiger Indikator, dass die Person gewillt ist, ihre Organe zu spenden.“
Kampagne wird auf Social Media unterstützt
Für viele sei es das erste Tattoo überhaupt. „Wie oft fällt die Frage: ‚Was bedeutet dein Tattoo?‘ Und wie schön ist es, wenn es dann eine so tiefgehende Bedeutung und eine so wichtige Botschaft enthält?“, meint Nicolas Höfer, Vorstand und Mitgründer der „Jungen Helden“ zur Idee. In den sozialen Medien wird das Tattoo und die dazugehörige Kampagne bereits von zahlreichen Prominenten unterstützt, darunter Joko Winterscheidt, Jan Köppen und Jochen Schropp. Wilson Gonzalez Ochsenknecht trägt das Design sogar bereits auf seinem Arm. Deutschlandweit haben sich Tattoo-Studios der Aktion angeschlossen und bieten Opt-Ink kostenfrei an.