Kundin der Woche

Online bestellen und sich vor Ort beraten lassen

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Berlin -

„Frau Alchemilla, warum schauen Sie mich jetzt so seltsam an?“ Frau Jäger versteht die Welt nicht mehr. Die Stammkundin hatte doch lediglich in der Apotheke ihres Vertrauens angefragt, ob die sich einmal um ihre Hausapotheke kümmern könnten. Vor zwei Wochen kam ihr nämlich ein richtig günstiges Angebot in ihr E-Mail Postfach geflattert, das sie natürlich sofort angenommen hat. Eine Hausapotheke mit allem drum und dran – mit Medikamenten gegen Magenverstimmung, Durchfall und Schmerzen samt Ohrthermometer und Handgelenkblutdruckmessgerät alles verpackt in einer schönen Tasche zum Hinhängen im Badezimmer für nur 75,99 Euro. Da KANN man doch nicht nein sagen, oder?

Nun kam das ganze Paket bei ihr Zuhause an und sah schon von außen ein wenig ramponiert aus. Vielleicht war es dem Paketboten ja versehentlich heruntergefallen. Die Packungen allesamt ein wenig zerknautscht, aber nicht kaputt. Kann man aber für den Preis noch nehmen. Frau Jägers Problem ist nun die korrekte Handhabung der beiden gelieferten Geräte. Die piepsen zwar, und Lichter leuchten auch daran – aber wie sie genau bedient werden ist ihr ein Rätsel, denn die Anleitung dafür ist in kyrillisch oder chinesisch verfasst.

Also tat sie das aus ihrer Sicht Naheliegendste: Sie wendet sich an die Gesundheitsexperten in der Apotheke gegenüber. Die sind doch immer so nett dort und erklären ihr sicherlich genau, wie sie das Thermometer richtig ansetzt, welchen Knopf sie wann und wie lange drücken muss und wo sie welche Werte ablesen kann. Doch nun starrt die nette Frau Alchemilla sie an, als hätte sie ihr eigenes Schnitzel in ein Restaurant mitgenommen und gefragt, ob man es ihr dort umsonst braten kann, wenn sie noch ein Glas Wasser dazu nimmt.

„Frau Jäger, das können wir gerne für Sie machen. Bringen sie auch bitte die Medikamente mit, die dabei gelegen haben. Wir schauen dann, ob man vielleicht etwas ersetzen muss oder ob etwas fehlt, das sie in der Hausapotheke benötigen. Für den Aufwand berechnen wir eine Servicepauschale von 10 Euro. Die verrechnen wir dann aber gerne, wenn sie hier noch etwas einkaufen. Ist das für Sie so in Ordnung?“

Frau Jäger schaut erst ein wenig verdutzt und lächelt dann: „Ja Frau Alchemilla, das klingt fair für mich. Sie müssen ja auch Zeit opfern, und Ihr Wissen, um mir zu helfen, ist ja nicht vom Himmel gefallen. Das haben Sie sich auch erst erarbeiten müssen.“

Anja Alchemilla entspannt sich innerlich wieder etwas. Zunächst war ihr danach gewesen, Frau Jäger eine klare Ansage zu machen, wo sie sich Hilfe zu suchen hat wenn sie schon im Netz einkauft, doch so ist es für alle Beteiligten besser. Die Stammkundin wird weiterhin kommen und sich gut beraten fühlen – vielleicht merkt sie auch, dass der alte Spruch „Wer billig kauft, kauft zweimal“ sicherlich auch in diesem Bereich seine Gültigkeit hat. Und die Apotheke vor Ort leistet ihren Beitrag zur öffentlichen Gesundheitsversorgung, ohne sich ausgenutzt vorzukommen.

Schwieriger ist es, wenn sich jemand zuerst in der Apotheke beraten lässt, um das gewünschte Produkt anschließend im Internet zu kaufen. Aber dieses Problem haben wohl alle Geschäfte vor Ort, vom Elektrofachhandel bis zum Fahrradladen. Eine kompetente Beratung von einem Fachmann sollte etwas wert sein und den potentiellen Kunden auch etwas kosten – überall.

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