Revision in der Mittagspause

One-Woman-Apotheke: „Finden sie mal jemanden, der arbeiten will“

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Berlin -

In Wiesbaden musste die Carolus-Apotheke aufgrund einer Sprengung von Pikrinsäure zeitweise die Offizin schließen. Trotz vieler Schaulustiger und draußen wartender Kund:innen blieb Apothekerin Helga Drews besonnen. Aus der Apotheke evakuiert werden musste nur sie selbst – sie ist Angestellte und Inhaberin zugleich.

Ihren Betrieb bezeichnet sie als One-Woman-Apotheke. Seit zehn Jahren führt sie die Carolus-Apotheke ganz allein. „Ich mache hier alles selbst. Ich verbuche die Ware, putze und fahre abends auch mal einen Boten.“ Drews sagt selbst, sie habe einen guten Tagesablauf mit einer zweistündigen Schließung zur Mittagszeit. Dem kürzlich angemeldeten Revisor bot sie daher die Mittagspause an.

Pikrinsäure ausgelaufen

Im Rahmen der routinemäßigen Revision wurde auch das Labor kontrolliert. Zunächst schien alles in Ordnung und der Apothekenbetriebsordnung zu entsprechen. Der Revisor fragte abschließend, wo die Pikrinsäure sei. Als Drews zum Laborschrank ging, sah sie, dass aus dem Gefäß etwas von der Säure ausgetreten war. „Ich dachte mir nur, ach du Schande. Der Verschluss des Fläschchens ist porös!“

Pikrinsäure gehört in vielen Apotheken immer noch zum Lagerbestand. Das Standgefäß sollte zweimal im Jahr kontrolliert werden. Dabei ist es wichtig, dass die Rezeptursubstanz ständig unter Wasser gehalten wird, sonst droht Explosionsgefahr. Drews hatte noch im Frühjahr protokolliert, dass die Substanz ordnungsgemäß lagert. „Der Revisor rief sofort das LKA, dann wurde zunächst eine Polizeistreife geschickt und schlussendlich entschied man, es müsse ein Sprengmeister kommen.“ Dieser wurde sogar direkt eingeflogen, so Drews.

Patient wollte durch Absperrung

Mittlerweile sammelten sich mehrere Schaulustige vor der Apotheke. Kund:innen mit dringlichen Rezeptwünschen versuchten durch die Polizeiabsperrung zu gelangen. „Ich versuchte die Patienten noch zu versorgen, aber die Feuerwehr evakuierte bereits die Praxis über uns. Alle Geschäfte mussten schließen und selbst der Busverkehr kam zum Erliegen.“ Die Pikrinsäure musste mittels Sprengkegel außerhalb der Apotheke unschädlich gemacht werden. Die Apotheke ließ Drews nach Entsorgung der Pikrinsäure noch bis 18 Uhr geöffnet. „Klar war ich auch aufgeregt, aber mir war es wichtig, für die Patient:innen da zu sein.“

Finden sie mal jemanden, der arbeiten will

Nach Mitarbeiter:innen, die ihr unter die Arme greifen könnten, will Drews nicht mehr suchen. In den verbleibenden Jahren vor der Rente möchte sie keine Abhängigkeiten mehr eingehen. Auch die Suche nach passenden Angestellten sei schwierig: „Finden Sie mal jemanden, der arbeiten will. Das Niveau der Ausbildung hat sich leider deutlich verschlechtert.“ Zudem spiele der Kostenfaktor eine große Rolle. „Für meinen Urlaub kann ich mir über eine Agentur einen Vertretungsapotheker holen. Wir sind hier im Ort auch recht gut mit Apotheken bestückt. Gleich nebenan befinden sich zwei weitere Apotheken, so kann ich auch mal ein paar Tage wegfahren und habe trotzdem eine angemessene Vertretung.“

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