Ohne Pharmazieingenieurin am Limit Carolin Ciulli, 01.03.2024 13:34 Uhr
Die Generation der Pharmazieingenieur:innen steuert langsam das Rentenalter an – mit spürbaren Auswirkungen auf Apotheken. Auch in der Apotheke von Gesine Walter* in Brandenburg hat sich eine Angestellte in den Ruhestand verabschiedet. Neues pharmazeutisches Personal zu finden, ist fast unmöglich. Und so investiert Walter seit Jahresanfang in „sehr, sehr teure Vertretungsapotheker“.
Ende Dezember ging die Pharmazieingenieurin mit 63 in Rente. Damit entfiel die einzige Vertretung. Denn laut Apothekenbetriebsordnung dürfen die in der ehemaligen DDR ausgebildeten Fachkräfte die Inhaber:innen vertreten, wenn sie zuvor ein halbes Jahr in der Apotheke tätig war. Der Apothekenleiter darf sich nicht länger als insgesamt vier Wochen im Jahr von Pharmazieingenieuren vertreten lassen.
Immer weniger Pharmazieingenieur:innen
Anfang der 1990er Jahre haben die letzten Pharmazieingenieur:innen ihre Ausbildung beendet. Die Zahl der Pharmazieingenieur:innen und Apothekerassistent:innen, die ebenfalls vertretungsberechtigt sind, geht kontinuierlich zurück. Im vergangenen Jahr waren von beiden Berufsgruppen laut Abda-Zahlen noch 4140 Angestellte in Apotheken tätig, 2010 waren es noch 7701. Walter fehlt diese Entlastung. Denn jetzt steht sie mit einer PTA und einer PKA allein in der Apotheke. Beide Angestellte arbeiten in Teilzeit.
Die Inhaberin würde eine weitere PTA und Apotheker:in einstellen, doch bisher hat es zwischen Bewerber:in und ihr nicht gepasst. Dazu komme, dass Approbierte lieber in der Industrie arbeiteten. „Jetzt helfe ich mir mit Vertretungsapothekern.“ Vor allem im Handverkauf fehle jemand. Für die Vertretung zahlt sie 65 Euro pro Stunde und mehr. Dazu finanziert sie die Wohnung und einen Verzehrgutschein. Doch eine andere Möglichkeit sieht Walter derzeit nicht. „Ich brauche auch einmal Entlastung.“
Keine Jubiläumsparty wegen Personalnot
Als weitere Konsequenz kürzte sie die Öffnungszeiten. Samstag ist die Apotheke jetzt komplett geschlossen und am Mittwoch macht sie früher zu. Walter leitet die Apotheke jetzt fast 30 Jahre. Die angedachte Jubiläumsparty falle angesichts des Personalmangels ins Wasser. Die Personalnot sei so weitreichend, dass „in Angst leben“ müsse, ein falsches Wort zu den Angestellten zu sagen. „Man darf keinen falschen Pieps machen.“ Sonst werde gekündigt. „Die können sich doch aussuchen, wo sie arbeiten und sind sehr wählerisch.“
*Name von der Redaktion geändert