Das Verbrauchermagazin Ökotest hat Mittel gegen Lippenherpes getestet. Viele fielen komplett durch und erhielten die Note mangelhaft. Vier Präparate bekamen ein „ungenügend“: Aciclobeta, SOS Lippenherpes-Gel, Virudermin und Widmer Lipactin.
Herpesmittel hätten laut Studien nur eine wenig überzeugende Wirksamkeit und erzielten allenfalls dann einen geringen Effekt, wenn sie bereits beim ersten Kribbeln aufgetragen würden, so Ökotest. Auch dann kürzten sie den Verlauf aber nur unwesentlich ab.
Weder zu Aciclovir-Produkten wie Zovirax oder den entsprechenden Generika noch zu Pencivir (Penciclovir, Novartis), Muxan (Docosanol), Lomaherpan (Melisse) oder Virudermin und Lipactin (beide Zinksulfat) gebe es handfeste Wirksamkeitsnachweise. Compeed-Pflaster wiederum senkten allenfalls die Versuchung, mit den Fingern an den Bläschen zu „knibbeln“. „Viel mehr kann man von den Pflastern aber auch nicht erwarten“, so Ökotest
In vielen Herpescremes seien Paraffine enthalten, monieren die Tester. In einigen Beipackzetteln fehlten den Testern Hinweise zur Applikation per Wattestäbchen beziehungsweise der Ratschlag, nach zehn Tagen ohne Linderung den Arzt aufzusuchen. Diese fehlenden Hinweise in der Packungsbeilage führten bei den vier gescheiterten Produkten zum „ungenügend“.
Als Experte kommt im Test Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz von der Universität Frankfurt am Main zu Wort: „Eine leichte Herpesinfektion im Lippenbereich muss nicht notwendigerweise mit Medikamenten behandelt werden“, so Schubert-Zsilavecz, der auch Mitglied der Chefredaktion der Pharmazeutischen Zeitung und Wissenschaftlicher Leiter des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL) ist. Nach fünf bis sieben Tagen seien die Läsionen in der Regel mit oder ohne Anwendung lokaler Arzneimittel wieder abgeheilt.
Fazit der Tester: Wichtig sei vor allem strenge Hygiene beim Auftragen der Creme. Die Tuben sollten nur von einer Person benutzt werden, am besten mit einem Wattestäbchen.
Die Hersteller halten nicht viel von dem Test: Ökotest sei keine wissenschaftliche Einrichtung, sondern habe die Bewertungskriterien und -noten willkürlich festgesetzt, heißt es von Johnson & Johnson (J&J). Anstelle eines medizinisch wissenschaftlichen Gremiums habe nur ein einzelner Experte die Bewertung durchgeführt.
Außerdem seien verschiedene Vorteile der Compeed-Pflaster nicht berücksichtigt worden, etwa die Wirkung als Virenschutzschild und der Effekt als Semi-Okklusivverband. Im Beipackzettel seien außerdem die angeblich fehlenden Hinweise enthalten.
Bei Virudermin wurde außerdem der Zusatz von Benzalkoniumchlorid moniert – zu Unrecht, findet Dr. Matthias Mauz, Geschäftsführer des Herstellers Robugen: Ein Gel könne galenisch und physikochemisch nicht hergestellt werden, ohne Benzalkoniumchlorid zur Konservierung und Stabilisierung zu verwenden. Diesen naturwissenschaftlichen Mangel bedauere er selbst, so Mauz. Wer einen besseren Vorschlag für ein Adstringens gegen Herpes habe, dürfe sich gerne melden.
Betapharm nimmt die Kritik dagegen an und will die relevanten Hinweise in die Gebrauchsinformation aufnehmen. Dies werde mit der nächsten Produktion erfolgen. Angepasst werden sollen die informativen Texte, auch das Layout wird sich etwas ändern. Eine entsprechende behördliche Einreichung sei bereits geplant und werde ebenfalls demnächst erfolgen, teilte eine Sprecherin mit.
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