Arzneimittelrückstände im Trinkwasser sind nicht nur eine potenzielle Gefahr für den Menschen, sie belasten auch die Umwelt und vor allem in Gewässern lebende Organismen. Experten der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) forderten auf ihrer Tagung zum Thema „Nachhaltige Pharmazie“ deshalb eine integrierte Strategie. Unter anderem schlagen sie ein Klassifikations-System für Arzneimittel vor, das die Präparate nach ihrer Umweltfreundlichkeit einstuft.
„Eine solche allgemein verfügbare Umweltklassifikation ermöglicht es Ärzten in Schweden bereits heute, umweltfreundliche Medikamente bevorzugt zu verschreiben“, sagte Dr. Florian Keil, Leiter des Forschungsprojekts „Strategien zum Umgang mit Arzneimittelwirkstoffen im Trinkwasser“ am Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE). Das Risiko eines Präparates ergebe sich daraus, wie umweltgefährlich der Wirkstoff an sich sei und wie oft es verkauft werde, erläuterte eine Sprecherin des ISOE gegenüber APOTHEKE ADHOC. Die schwedische Informationsbroschüre basiere daher auf den meistverkauften Präparaten. In die Beurteilung der Umweltrelevanz flossen die Persistenz, Bioakkumulation sowie Toxizität eines Wirkstoffs ein.
Das Forscherteam will, dass die Umweltrelevanz auch in Deutschland ein Kriterium bei der Auswahl des Präparates wird und könnte sich deshalb vorstellen, entsprechende Informationen in die Software von Arztpraxen und Apotheken zu integrieren. Bisher handelt es sich lediglich um Vorschläge im Rahmen des Forschungsprojektes. Bevor diese tatsächlich umgesetzt werden können, gibt es noch eine Reihe von Fragen zu klären. Es sei sehr schwierig, Ärzte und Krankenkassen von dem Konzept zu überzeugen, räumt die Sprecherin ein, denn für sie stünden Indikation und Kostenaspekte im Vordergrund. Zudem müssten zunächst die Kriterien für die Bewertung der deutschen Präparate festgelegt werden.
Neben Änderungen im Verschreibungsverhalten regten die DBU-Tagungsteilnehmer an, bereits bei der Entwicklung neuer Arzneistoffe umweltfreundliche Varianten zu bevorzugen. Zudem bleibe eine verbesserte Abwasserbehandlung unverzichtbar, auch moderne Kläranlagen viele ausgeschiedene Stoffe nicht filtern könnten. Als erfolgsversprechend sieht die DBU Sanitärkonzepte an, die verschiedene Abwasserarten am Ort ihrer Entstehung, zum Beispiel in Neubaugebieten oder Krankenhäusern, getrennt erfassen und dadurch wirkungsvoller reinigen könnten.
APOTHEKE ADHOC Debatte