Ein Unternehmer aus Bayern muss vier Jahre ins Gefängnis, weil er im großen Stil nicht zugelassene Arzneimittel in Verkehr gebracht hat. Das Landgericht Nürnberg-Fürth sah es am Donnerstag als erwiesen an, dass der 63-jährige Heilpraktiker und Volkswirt über seine Firma im mittelfränkischen Altdorf und auf Zypern die vermeintlichen Krebsmittel „Rerum“ und „Rerum blue“ ohne Zulassung an Patienten und Therapeuten verkauft hat.
Er habe sich in fünf Fällen des vorsätzlichen Inverkehrbringens von bedenklichen Arzneimitteln schuldig gemacht, so der vorsitzende Richter Markus Bader bei der Urteilsverkündung. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert und zur Begründung angeführt, dass es sich nicht um Medikamente, sondern um Nahrungsergänzungsmittel gehandelt habe. Dem folgte das Gericht nicht: Die Kammer habe keinen Zweifel daran, dass es sich um ein Präsentationsarzneimittel gehandelt hat.
Der Geschäftsmann hatte die Substanzen laut Staatsanwaltschaft für je sieben Euro Drei-Milliliter-Phiolen mit Ölsäure, Vitamin D und aus Knorpelgewebe gewonnenem Chondroitinsulfat erworben und an Patienten als angebliches Wundermittel gegen Krebs für rund 300 Euro verkauft. In Vorträgen habe er die Vitamin-Öl-Emulsion als „Produktwunder“ angepriesen und suggeriert, dass es sich dabei um ein Medikament handele, so Bader. Sogar mit seiner eigenen Mutter hatte er geworben: Sie habe er von Schmerzen im Knie befreit, indem er ihr das Präparat gespritzt hat.
Hinweise auf den Sendungen, wonach die Emulsionen nicht für die Anwendung an Mensch und Tier bestimmt sind, hatte der Verurteilte selbstständig entfernt, die Phiolen mit einem willkürlichen Mindesthaltbarkeitsdatum versehen sowie Spritzen und Adapter für die Einnahme beigelegt. Außerdem habe er eine Mitarbeiterin angewiesen, das Mittel einer Krebspatientin zu injizieren. „Schon allein die Injektion erweckt den Eindruck, dass man es als Arzneimittel bewertet“, sagte der Richter. Auch die Frage des Vorsatzes war vom Gericht erläutert worden. So habe sich der Unternehmer von einem Sachverständigen ein Unbedenklichkeitszertifikat ausstellen lassen – habe diesen aber getäuscht, indem er ihm eine falsche Rezeptur gegeben hat.
Zugleich ordnete das Gericht die Einziehung des dadurch erzielten Gewinns von 4,5 Millionen Euro an. Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre Haft gefordert. Gegen die Ehefrau des Verurteilten wird noch ermittelt, sie muss sich in einem gesonderten Verfahren verantworten. Das vom Verurteilten vertriebene Mittel hat bereits unter anderen Namen eine erschreckende Karriere gemacht: So vertrieb die Firma Immuno Biotech es unter dem Namen GcMAF ebenfalls als angebliches Krebsmittel. Vorvergangenes Jahr nahmen österreichische Behörden mehrere Verdächtige fest, die das Mittel unter dem Namen Powerlight ebenfalls an Schwerstkranke verkauften.
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