Verlängerte Betriebsferien

Novum wegen Personalmangels: Apotheke darf drei Monate schließen

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Berlin -

Die Apothekerkammer Schleswig-Holstein hat einer Apotheke erstmals eine vorübergehende Schließung von drei Monaten genehmigt. Das Apothekerpaar Franziska und Dr. Tobias-Oliver Kiess hoffte, mit dem Schritt genug Zeit zu finden, um das Team aufzustocken. Doch der verlängerte „Betriebsurlaub“ half nicht – die Filiale ist mittlerweile geschlossen.

Kilometerlanger Sandstrand, Pfahlbauten und Wattenmeer: Sankt Peter-Ording ist für viele ein Sehnsuchtsort an der Nordsee. Auch das Apothekerpaar Kiess zog es vor zwei Jahren zurück in den Norden. Sie kauften vier Betriebe, mussten jetzt jedoch die Apotheke am Wattenmeer im Zentrum des Touristenortes schließen. Der Personalmangel war der Hauptgrund und das Problem bestand bereits weit vor der Übernahme.

Mitbewerber wurden Partner

„Bereits damals war das Team nicht gut bestückt. Im Sommer brauchte man Saisonkräfte zur Unterstützung“, sagt Kiess. „Wir suchten permanent nach Approbierten und PTA und haben es nicht an einer Kraft festgemacht.“ Dazu kam die Neuorganisation der Standorte. Die Apotheke am Wattenmeer und die Utholm-Apotheke wurden von Mitbewerbern zu Partner-Apotheken. „Den zuvor konkurrierenden Teams fiel es nicht leicht, sich nun als Teil beider Apotheken zu verstehen und an wechselnden Einsatzorten im Filialverbund zu arbeiten.“

Die Nachfrage nach pharmazeutischen Fachkräften sei gerade an der Westküste riesig, so Kiess. „Die Mitarbeiter können sich aussuchen, wo sie arbeiten wollen. Als Arbeitgeber versucht man alles zu machen, kann es aber natürlich nicht allen Recht machen.“ Die Apotheke am Wattenmeer sei umsatztechnisch eine kleine Apotheke im Verbund gewesen. „Wir hätten noch weitermachen können, wollten aber rechtzeitig die Reißleine ziehen, um nicht die Stabilität der anderen Betriebe zu gefährden.“

Deshalb informierte Kiess die Kammer und fragte nach einer längeren Pause. „Wir hatten Zulauf und wollten sehen, ob wir es schaffen, genug zu bekommen.“ Die Kammer habe zunächst Betriebsferien für sechs Wochen zugestimmt. In dieser Zeit hätten die Urlaube der Angestellten synchronisiert werden können. „Ich habe aber gesagt, dass uns das nicht reicht und wir zwölf Wochen benötigen.“

Letztlich wurde die Pause als eine Ausnahmeregelung als „Schließung auf Zeit“ genehmigt. Ihre Notdienste leistete das Apothekerpaar für die Filiale unterdessen weiter. Apotheken, die sich von der Dienstbereitschaft befreien lassen wollen, müssen die Betriebsferien bei der Kammer anmelden. Diese prüft, ob die Arzneimittelversorgung in dieser Zeit von anderen Apotheken gewährleistet werden kann. Steht dem nichts im Weg, werden die Sonderurlaube in der Regel genehmigt.

Die Kundschaft sei offen über die Gründe der Schließung informiert worden. „Wir haben sie zwei Wochen vorher direkt angesprochen, in die Utholm-Apotheke eingeladen und mit einem Flyer informiert“, sagt Kiess. „Die meisten springen sowieso hin und her, viele verstehen es und sehen, dass in der Coronakrise viele kleine Betriebe zumachen mussten.“

Schwierige Lage

Zu den Personalproblemen kommen noch weitere Aspekte dazu, die den Betrieb der Apotheke in dem Touristenort schwer gemacht haben. „Nach heutigem Maßstab ist Sankt Peter-Ording kein Ort mehr für zwei Apotheken, dafür gibt es nicht genug Umsatz.“ Von außen denke man schnell, bei Sankt Peter-Ording oder Inseln wie Sylt komme „Goldgräberstimmung“ auf. „Das haben wir auch gedacht, aber hier stehen fünf gute Monate sieben zum Teil sehr schwachen Monaten gegenüber.“ Es sei „nicht alles Gold, was glänzt“, sagt er. „Häufig werden Urlaubsorte als Apothekenstandorte in ihrer Attraktivität deutlich überschätzt.“

 

Dazu komme, dass die Apotheke am Wattenmeer zwar auf den ersten Blick in einer „1A-Lage“ liege – mitten auf der Flaniermeile. „Aber hierher kommen kaum Einheimische, hier gibt es vor allem Restaurants und Hotels. Die Einheimischen gehen eher ins Dorf, wo sie parken können und Infrastruktur haben.“ Dazu kämen Mietforderungen wie in der Münchener Innenstadt.

Wiedereröffnung bei Personalsegen

Die Apotheke am Wattenmeer will das Paar aber noch nicht ganz aufgeben. „Wir behalten uns vor, wieder zu eröffnen.“ Die Apotheke sei auf neustem Stand und revisionssicher. Der Mietvertrag laufe noch einige Jahre. Wiedereröffnet werde, wenn sich ein Personalsegen ergebe oder sich die Infrastruktur des Ortes ändere.

Kiess blickt positiv in die Zukunft. Die Utholm-Apotheke sei nach der Schließung der Apotheke am Wattenmeer vergrößert worden. Der Betrieb habe nach den kürzlich erfolgten Umbauten eine erweiterte Kapazität und werde mit neuer, starker Besetzung die Versorgung St. Peter-Ordings vollumfänglich sicherstellen. Die verbliebenen drei Apotheken des Paares werden aktuell mit rund 30 Mitarbeiter:innen geführt. „Momentan sind wir personaltechnisch gut aufgestellt. Aber wir suchen weiter, man kann nie genug gute Mitarbeiter haben.“

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