Arzneimittelnotstand

Niemegk: Hoffnung auf neue Apotheke

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Berlin -

Die Bewohner von Niemegk haben sich in den vergangenen Monaten mit Verve dafür eingesetzt, dass sie eine Apotheke in ihrem Ort bekommen. In Gesprächen mit der Apothekerkammer Brandenburg haben sie sogar unkonventionelle Wege ausgelotet. Nun gibt es Hoffnung: Eine Apothekerin aus der Region hat Interesse angemeldet.

Spruchreif ist noch nichts, so viel sei vorweggesagt. Aber es gibt berechtigte Hoffnungen, dass die unzureichende Arzneimittelversorgung im Ort bald Geschichte ist. Nachdem Amt und Bevölkerung öffentlichkeitswirksam für eine Apotheke getrommelt haben, ist Ende Dezember eine Pharmazeutin aus der Region auf die Situation aufmerksam geworden. Sie will sich selbstständig machen und erwägt, das in Niemegk zu tun. „Es sieht gut für uns aus, auch weil das Amt da unterstützend tätig sein wird“, sagt Gabriele Eissenberger, die gemeinsam mit Amtsdirektor Thomas Hemmerling, Niemegks Bürgermeister Hans-Joachim Linthe und Ralf Raffelt, Bürgermeister der Gemeinde Rabenstein/ Fläming, die Initiative zur Apothekensuche vorantreibt.

Viel mehr kann und will sie über die Interessentin und ihre Pläne noch nicht verraten, die Gespräche befänden sich noch in einem frühen Stadium. „Wir wissen noch nicht einmal, wo sie sein würde, ob sie die Räumlichkeiten der ehemaligen Robert-Koch-Apotheke übernehmen oder woanders einziehen würde“, erklärt Eissenberger. Das Amt werde aber sein Bestes geben, ihr einen Standort zur Verfügung zu stellen. Mit einer Entscheidung rechnet Eissenberger im Frühjahr. „Das wäre aber auch noch keine Eröffnung“, betont sie.

Selbst wenn es klappt, dann ist die Gesundheitsversorgung im Ort ihrer Auffassung nach noch weit von optimalen Zuständen entfernt. So sei „die Arztfrage“ noch nicht geklärt, so Eissenberger. Im Sommer war einer der beiden Ärzte im Ort überstürzt abgezogen worden, weil er in einem MVZ angestellt war. Seitdem sieht es auch in dem Bereich in Niemegk dürftig aus. Eissenberger geht mit dem Gedanken schwanger, laut über andere Versorgungsmodelle nachzudenken. Das Konzept des „Gesundheitskiosk“ in Hamburg-Billstädt interessiere sie beispielsweise sehr. Aber auch hier gelte: eins nach dem anderen. Erst einmal muss eine Apotheke her. Und wenn das nicht klappt? „Dann werden wir wohl unsere andere Aktivitäten wieder aufnehmen“, sagt sie. „Das soll aber keine Drohung sein!“

Ende April hatte mit der Robert-Koch-Apotheke die letzte Offizin in der Kleinstadt geschlossen und die ansässige Bevölkerung vor Probleme gestellt. Schon der Begriff Kleinstadt führt in die Irre: Formell ist Niemegk zwar eine Stadt, de facto handelt es sich aber um mehrere Dörfer, die administrativ zusammengefasst wurden. Und das sollte sich noch als Problem herausstellen: Denn als die Apotheke schloss, hatte die Apothekerkammer zuerst die Einrichtung eines Rezeptkastens verweigert, weil mehrmals täglich ein Bus in die 12 und 18 Kilometer entfernten Nachbarorte Treuenbrietzen und Bad Belzig fährt. Da sich die Dörfer aber über eine Fläche verteilen, die größer als Potsdam ist, sahen das weder Amt noch Anwohner als zumutbar.

Apothekerin Anja Aepler aus dem benachbarten Straach konnte die Kammer letztlich überzeugen. Seit Mitte Juli hängt am Niemegker Rathaus ein Rezeptsammelkasten. Doch kaum war der angebracht, verschwand im September einer der beiden Ärzte im Ort buchstäblich über Nacht. Da reichte es Eissenberger. Sie organsierte eine Demo, baute öffentlichen Druck auf und vor allem: Sie arbeitete sich selbst in das Thema ein und entwickelte zusammen mit Hemmerling, Linthe und Raffelt Lösungsvorschläge.

Der öffentliche Druck zeigte Wirkung. Nachdem die Apothekerkammer schon im Streit um die Rezeptsammelstelle die Fähigkeit zeigte, Fehler einzugestehen und Kompromisse zu finden, demonstriert sie nun, dass sie Teil der Lösung ist, nicht des Problems. Sie hat die Situation zur Chefsache erklärt: Anfang Dezember kamen Kammerpräsident Jens Dobbert und Geschäftsführerin Kathrin Fuchs nach Niemegk, um sich mit Hemmerling, Linthe, Raffelt und Eissenberger zu treffen. Denen unterbreiteten sie den Plan, im Ort den Notstand in der Arzneimittelversorgung auszurufen und dann die Eröffnung einer Zweigapotheke oder in letzter Konsequenz die Anstellung eines Apothekers durch das Amt zu ermöglichen. Kommt nun doch eine Apothekerin von selbst, hätte sich das glücklicherweise erübrigt.

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