Bewährungsstrafe für Skandalarzt dpa/APOTHEKE ADHOC, 18.06.2015 14:05 Uhr
Der niederländische Skandalarzt Ernst Jansen ist im Berufungsprozess überraschend vom Vorwurf der schweren Misshandlung freigesprochen worden. Das Berufungsgericht in Arnheim sah die Schuld für Dutzende schwere Fehldiagnosen nicht als erwiesen an. Wegen Verdunkelung und Urkundenfälschung aber verurteilte es den Neurologen am Donnerstag zu sechs Monaten Haft auf Bewährung. In erster Instanz war Jansen zu drei Jahren Haft verurteilt worden.
Der heute 69 Jahre alte Arzt habe zwar Fehler gemacht, befand das Gericht. Doch eine Absicht sei nicht erwiesen. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft wegen zahlreicher schwerwiegender Fehldiagnosen gefordert. Bis Anfang 2013 hatte Jansen auch an mehreren deutschen Kliniken gearbeitet, etwa in Heilbronn. Dort wurden keine Fälle von Fehldiagnosen bekannt.
Von Mitte der 1990er Jahre bis 2003 hatte der Neurologe in Enschede bei Dutzenden Patienten fälschlicherweise unheilbare Krankheiten wie Alzheimer und MS festgestellt und sie auch dagegen behandelt. Eine Frau hatte sich nach der Diagnose das Leben genommen.
Die Staatsanwaltschaft hatte für den wohl größten medizinischen Strafprozess der Niederlande neun exemplarische Fälle ausgewählt. Die meisten der mehr als 200 geschädigten Patienten wurden bereits außergerichtlich entschädigt.
Jansen selbst bestreitet die Vorwürfe nicht, spricht aber von bedauerlichen Kunstfehlern. „Fehldiagnosen gehören nun einmal zum Arztberuf“, hatte er vor Gericht im vergangenen Jahr erklärt. Er bedaure das. „Heute würde ich aber ebenso handeln.“
Die Verteidigung forderte im Berufungsprozess, dass der Angeklagte für unzurechnungsfähig erklärt wird, und stützte sich auf ein ärztliches Gutachten. „Das wurde damals im ersten Prozess einfach vom Tisch gefegt“, sagte Anwalt Peter Plasman. Das Berufungsgericht hatte ein neues psychologisches und neurologisches Gutachten angeordnet. Es sollte klären, ob Jansen 1990 bei einen Autounfall einen Hirnschaden erlitten hatte und dadurch nicht mehr einwandfrei urteilen konnte.
Auch nach diesem Urteil wird Jansen nicht wieder als Arzt arbeiten. In Deutschland gab er seine Approbation zurück. 2013 erteilte ihm das niederländische Disziplinargericht ein lebenslanges Berufsverbot.